Ansprache der Regionaldirektorin an die 68. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa

Ansprache der Regionaldirektorin an das RC68

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17 September 2018, Rome, Italy

Eure Königliche Hoheit Kronprinzessin von Dänemark, sehr geehrter Herr Generaldirektor Dr. Tedros, sehr geehrte Damen und Herren Minister, sehr geehrte Delegierte, sehr geehrte Gäste!

Zur 68. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa möchte ich Sie herzlich willkommen heißen.

Wir leben in aufregenden Zeiten, die voller Herausforderungen sind. Wir haben die Verpflichtung, das Wissen und die Gelegenheit, die Gesundheitspolitik grundlegend umzugestalten und unser Ziel – Mehr Gesundheit für Europa: mehr Chancengleichheit und Nachhaltigkeit – zu verwirklichen.

Bei der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung und des Rahmenkonzepts „Gesundheit 2020“ haben wir bereits viel erreicht. Die SDG, „Gesundheit 2020“ und das Dreizehnte Allgemeine Arbeitsprogramm sind wahrhaft umfassend und in sich kohärent.

Sie alle verdeutlichen, wie Gesundheit im Mittelpunkt der menschlichen Entwicklung steht. So lautet unsere zentrale Botschaft.

Investitionen in Gesundheit sind die klügsten Investitionen – sie zahlen sich aus.

Doch das Umfeld hat sich verändert, und wir befinden uns politisch gesehen in einer Art Fließzustand, in dem manche lange Zeit allgemein als sicher geltenden politischen und sozialen Annahmen erschüttert worden sind. Dies hat tief greifende Ängste und ein weit verbreitetes Gefühl der Ungewissheit hervorgerufen.

Angesichts dieser Situation müssen wir mehr denn je an unseren gemeinsamen Wertvorstellungen in Verbindung mit Investitionen in die Gesundheit festhalten: Recht auf Gesundheit, allgemeine Gesundheitsversorgung, Solidarität, Chancengleichheit und Gerechtigkeit.

Jetzt gilt es, ressortübergreifende politische Konzepte zu finden, die im gesamten Lebensverlauf an sämtlichen Determinanten von Gesundheit ansetzen und die Gesundheitsförderung vorantreiben.

Wir müssen die Herausforderungen bewältigen, die sich aus der Bevölkerungsalterung und der zunehmenden Ausbreitung nichtübertragbarer Krankheiten ergeben.

Aber wir müssen uns auch der anhaltenden Bedrohung durch übertragbare Krankheiten und gesundheitliche Notlagen sowie der exponentiellen Vermehrung von Gesundheitstechnologien und der wachsenden Erwartungshaltung der Öffentlichkeit stellen.

Dabei stehen wir vor allgegenwärtigen finanziellen Sachzwängen, insbesondere einem ständigen Kostendruck im Hinblick auf eine effiziente Nutzung von Ressourcen. Gleichzeitig verfolgen wir aber auch das Ziel, eine allgemeine Gesundheitsversorgung und ein hohes Maß an finanzieller Absicherung zu verwirklichen.

Doch es bieten sich uns auch wesentliche neue Chancen.

Wir müssen auch weiterhin innovativ sein und neue Denkansätze verfolgen und dabei das neu vorhandene wissenschaftliche Wissen nutzen.
Heute verstehen wir die komplexen Wechselbeziehungen zwischen dem humanen Genom und der Umwelt im gesamten Lebensverlauf viel besser.

Wir sind uns dessen bewusst, dass diese Wechselbeziehungen durch politische Konzepte sowie durch Chancen und gesellschaftlich bedingte Normen geprägt werden, die wir beeinflussen können, etwa politische, umweltbezogene und kulturelle Rahmenbedingungen.

Die Nutzung digitaler Technologien und anderer Innovationen bietet ungeheure Möglichkeiten, die dazu beitragen können, Benachteiligungen beim Zugang zur Gesundheitsversorgung abzubauen.

Wir wissen, dass eine Mobilisierung der Gesellschaft und eine Förderung von Gesundheitskompetenz den Weg zu den richtigen Entscheidungen weisen.

Gemeinsame Anstrengungen im Rahmen stärkerer Partnerschaften und eine aktive Beteiligung zahlreicher Akteure werden sich auszahlen.
Die Fortschritte werden davon abhängen, inwiefern es gelingt, ein starkes Engagement der Politik und mehr Ressourcen für Gesundheit als intelligente Investition zu sichern.

Gesundheit ist eine politische Grundsatzentscheidung, zu der wir Ihnen allen dringend raten.

Fortschritte bei der Verwirklichung der SDG und des Rahmenkonzepts Gesundheit 2020

Seit der Annahme des Fahrplans zur Umsetzung der SDG im vergangenen Jahr haben zahlreiche Länder damit begonnen, nationale Fahrpläne auszuarbeiten und gesamtstaatliche Mechanismen auf der höchsten Ebene zu entwickeln, um die Agenda voranzutreiben.

Bisher haben 35 Mitgliedstaaten aus der Europäischen Region beim Politischen Forum auf hoher Ebene über die Umsetzung der SDG Bericht erstattet.

Nähere Einzelheiten hierzu erfahren Sie morgen.

Ebenso verfügt inzwischen eine Mehrheit der Länder über eine nationale Gesundheitspolitik mit festgelegten Zielvorgaben und Indikatoren, die sich an „Gesundheit 2020“ orientieren.

Dies sind echte Errungenschaften, die jetzt in unserer bahnbrechenden Publikation, dem Europäischen Gesundheitsbericht 2018, präsentiert werden.

In dem Bericht wird auch die Angleichung der Indikatoren mittels des geplanten gemeinsamen Kontrollrahmens für die SDG, „Gesundheit 2020“ und den Globalen Aktionsplan zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten erläutert, aber auch die Ausrichtung am GPW 13.

Ferner werden äußerst interessante neue Erkenntnisse über die Nutzung qualitativer Evidenz präsentiert, die zentrale Konzepte von „Gesundheit 2020“, wie Wohlbefinden, Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft, die Befähigung zu selbstbestimmtem Handeln und den gesamtgesellschaftlichen Ansatz, mit Leben erfüllen.

Gestatten Sie mir nun, die Fortschritte hin zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden anhand dreier Momentaufnahmen zu verdeutlichen:
2015 erhöhte sich die Lebenserwartung bei Geburt auf 77,9 Jahre.

In dem gleichen Jahr sank die Müttersterblichkeitsrate auf 11 Todesfälle pro 100 000 Lebendgeburten.

Wir sind auf bestem Wege, das in „Gesundheit 2020“ verankerte Dachziel einer Senkung der vorzeitigen Mortalität aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes und chronischen Atemwegserkrankungen um jährlich 1,5% zu erreichen.

Dennoch, meine Damen und Herren, gibt es immer noch erhebliche Ungleichgewichte in Bezug auf Gesundheit und Wohlbefinden – sowohl zwischen als auch innerhalb von Ländern.

Der Abstand zwischen den Ländern mit der höchsten und jenen mit der niedrigsten Lebenserwartung bei Geburt beträgt immer noch über 10 Jahre.

Trotz der bereits erreichten Fortschritte nimmt der Tabakkonsum in der Europäischen Region nicht schnell genug ab. Ebenso sind wir immer noch die Region mit dem höchsten Alkoholkonsum.

Besonders besorgniserregend ist, dass Übergewicht und Adipositas weiter auf dem Vormarsch sind.

Zwar hatten Ende 2017 43 Länder die Masern eliminiert oder eine Unterbrechung der Übertragung der endemischen Masern erreicht, doch kam es aufgrund anhaltender Impflücken zu einer großen Zahl von Ausbrüchen.

Im Bereich HIV sind wir weit davon entfernt, unsere Zielvorgaben zu erreichen, und die Zahl der Koinfektionen steigt.

Grundlegend neue Wege gehen

Um Fortschritte hin zu mehr Gesundheit zu erzielen, sind wir gefordert, grundlegend neue Wege zu gehen.

Dazu müssen wir zwischen verschiedenen Ressorts sowie auf allen Ebenen für Politikkohärenz sorgen und uns inklusiver und transparenter Politiksteuerungsmechanismen bedienen.

Hier sind nationale Konzepte in der Gesundheits- und Entwicklungspolitik der zentrale Ansatzpunkt, und ich appelliere dringend an die Mitgliedstaaten, ihre vorhandenen Konzepte anhand des Fahrplans zur Umsetzung der SDG und des Kontrollrahmens zu überprüfen.
Um den Mitgliedstaaten zu helfen, haben wir hierzu eine Reihe von Instrumenten und Werkzeugen entwickelt, namentlich die Inventare der nationalen Gesundheitspolitiken.

Netzwerke sind ein wesentlicher Schauplatz der Umsetzung.

Unsere breit angelegte Koalition aus Partnerschaften, Netzwerken und Foren spielt eine herausragende und entscheidende Rolle bei der Umsetzung.

Gestatten Sie mir, von den vielen nur einige wenige exemplarisch hervorzuheben:

  • die Initiative kleiner Länder, in deren Rahmen wir in jüngster Zeit zwei äußerst fruchtbare Tagungen in Malta und Island hatten;
  • das Gesunde-Städte-Netzwerk der Europäischen Region und dessen hochgradig erfolgreiche Kopenhagener Tagung der Bürgermeister;
  • und das Südosteuropäische Gesundheitsnetzwerk, das in diesem Jahr zwei sehr produktive Tagungen in Montenegro und in Israel abgehalten hat.

Wir sehen einer weiteren Tagung des Gesunde-Städte-Netzwerks im Oktober in Almaty sowie der Tagung zum 30-jährigen Bestehen des Netzwerks im Laufe des Jahres in Belfast erwartungsvoll entgegen.

Die Determinanten von Gesundheit

Die sozialen Determinanten von Gesundheit

Dank der Führungsarbeit der Europäischen Region auf der globalen Ebene verfügen die Mehrzahl der Länder in der Europäischen Region inzwischen über ein Konzept oder eine Strategie für die Inangriffnahme der sozialen Determinanten von Gesundheit und der gesundheitlichen Ungleichgewichte.

Dennoch herrschen innerhalb der Europäischen Region immer noch erhebliche Ungleichheiten in der Einkommensverteilung, die humanitäre, gesundheitliche und ökonomische Auswirkungen haben und eine gemeinsame Antwort aller zuständigen Ressorts erfordern.

Zwar hat die Europäische Region einen beträchtlichen Rückgang der Säuglingssterblichkeit erlebt, doch sind hier die Unterschiede zwischen den Ländern nach wie vor groß.

Ebenso ist der Anteil der Kinder, die nicht die Grundschule besuchen, rückläufig, doch bestehen auch hier deutliche Unterschiede zwischen den Ländern.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Arbeitslosenraten, die 2015 von 0,5% bis 26% reichten.

Gegen Ende des Jahres werden wir einen Sachstandsbericht über gesundheitliche Chancengleichheit veröffentlichen, der grundlegende neue Denkansätze sowie neue Erkenntnisse und konzeptionelle Ausrichtungen enthalten wird, die zur Beseitigung dieser Defizite beitragen können.

Ich danke der italienischen Regierung und der Region Veneto für Ihre anhaltende Unterstützung unseres in Venedig angesiedelten Büros für Investitionen in Gesundheit und Entwicklung.

Die verhaltensbezogenen Determinanten von Gesundheit

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zu den verhaltensbezogenen Determinanten.

Tabakkonsum

Im Bereich der Bekämpfung des Tabakgebrauchs können wir zahlreiche Erfolgsgeschichten vermelden: so gibt es inzwischen in acht Mitgliedstaaten in der Europäischen Region gesetzliche Vorschriften zu neutralen Verpackungen für Tabakerzeugnisse, und einige Länder sind auf dem Weg zu einer „tabakfreien Gesellschaft“, die als eine Prävalenz des Rauchens unter 5% definiert ist.

Doch der Tabakkonsum in der Europäischen Region geht nicht schnell genug zurück, um die global geltenden Zielvorgaben zu erfüllen. In vielen Ländern sind Tabakerzeugnisse immer noch viel zu kostengünstig.

Das Protokoll zur Unterbindung des illegalen Handels mit Tabakerzeugnissen wird am 25. September in Kraft treten, und die erste Tagung der Vertragsparteien findet im Oktober statt.

Sein Inkrafttreten ist ein erheblicher Meilenstein, und ich appelliere an alle Mitgliedstaaten, das Protokoll zu ratifizieren, damit die erreichte Dynamik nicht verloren geht.

Der Krieg gegen den Tabak ist noch nicht zu Ende – wir müssen unsere Anstrengungen zur Bekämpfung dieses tödlichsten aller Risikofaktoren weiter intensivieren.

Alkoholkonsum

Neueste Erkenntnisse bestätigen, dass der Alkoholkonsum in der Europäischen Region seit 2010 abgenommen hat, und Gleiches gilt für das Gesamtvolumen der alkoholbedingten Mortalität und Morbidität.

Doch trotz dieser Erfolge ist Europa nach wie vor die WHO-Region mit dem höchsten Alkoholkonsum bei Erwachsenen.

Preisgestaltungskonzepte und die Einschränkung der Verfügbarkeit und Vermarktung sind immer noch äußerst kosteneffektive Interventionen für die Prävention und Bekämpfung von Alkoholkonsum.

2017 haben wir verschiedene Instrumente entwickelt, um den Mitgliedstaaten dabei behilflich zu sein, sich mit der Annahme der empfohlenen Normen für Handlungskonzepte zu befassen, und wir sind fest entschlossen, hier Lösungen zu realisieren.

Ernährung und Bewegung

Die Verdreifachung der Prävalenz der Adipositas in vielen Ländern seit den 1980er Jahren und der beträchtliche Anstieg von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen gefährden die Zugewinne, die wir in der Europäischen Region in Bezug auf vorzeitige Mortalität erzielt haben.

Wir haben unsere Unterstützung für die Initiative der Europäischen Region zur Überwachung von Adipositas im Kindesalter fortgesetzt und einen neuen zusammenfassenden Bericht des Health Evidence Network veröffentlicht, der eine neue Handlungsdynamik entfaltet.

Im Bereich der Bewegungsförderung hat die Zusammenarbeit zwischen der WHO, den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission für mehr gesundheitsförderliche Bewegung in der gesamten Europäischen Region zu einer Reihe innovativer Projekte geführt.

All diese verhaltensbezogenen Determinanten sind eng mit den sozialen und umweltbedingten Determinanten verknüpft. Deshalb sollte angestrebt werden, sie in einem kohärenten nationalen Handlungsrahmen mit ressortübergreifenden Maßnahmen anzuordnen.

Umweltbedingte Determinanten

Trotz einiger Verbesserungen sind Umweltrisiken immer noch für ein Fünftel der Krankheitslast in der Europäischen Region verantwortlich.
Nach der Erklärung von Ostrava im vergangenen Jahr haben viele Mitgliedstaaten nationale Handlungskataloge im Bereich Umwelt und Gesundheit entwickelt.

Die Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit mit ihrem neuen Vorsitz und Steuerungsmechanismus spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Verpflichtungen von Ostrava in der gesamten Europäischen Region.

Inzwischen arbeiten wir gemeinsam mit den Mitgliedstaaten auf eine neue Globale Strategie für Umwelt und Gesundheit hin, die der Weltgesundheitsversammlung im kommenden Jahr vorgelegt werden soll.

An dieser Stelle möchte ich der deutschen Regierung nochmals meinen Dank für die anhaltende großzügige Unterstützung der Arbeit des Europäischen Zentrums der WHO für Umwelt und Gesundheit in Bonn aussprechen. Das Büro in Bonn leistet einen bedeutenden Beitrag zu der globalen Arbeit im normativen Bereich und ist bei der Umsetzung der Erklärung von Ostrava federführend.

Kulturelle Determinanten

In diesem Jahr beinhaltet der Europäische Gesundheitsbericht die gesamte Bandbreite gesundheitlicher Anliegen, einschließlich einer Berücksichtigung des kulturellen Kontexts.

Dies ermöglicht uns ein erheblich umfassenderes Verständnis der für Politikgestaltung und -umsetzung relevanten Rahmenbedingungen und eine allmähliche Verlagerung von quantitativen auf zunehmend qualitative Informationen sowie die Einbeziehung örtlicher Gemeinschaften.

Kommerzielle Determinanten

Nun wende ich mich den kommerziellen Determinanten von Gesundheit zu. Es liegt klar auf der Hand, dass der Anstieg nichtübertragbarer Krankheiten in unserer heutigen Zeit ein System widerspiegelt, bei dem ökonomische und finanzielle Wachstums- und Nutzenserwägungen Vorrang gegenüber Zugewinnen an Gesundheit haben.

Hier müssen wir uns mit Interessenkonflikten auseinandersetzen, insbesondere jenen, bei denen kommerzielle Interessen im Spiel sind.

Zwar haben wir keine gemeinsamen Interessen mit Branchen wie der Tabak- und Alkoholindustrie, doch sollten wir uns aus meiner Sicht nach Kräften bemühen, die Lebensmittel- und Softdrink-Hersteller davon zu überzeugen, sich an die Normen und Standards der WHO zu halten.

In der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft muss die Einhaltung angemessener Politiksteuerungsverfahren sichergestellt werden, bei denen der Vorrang öffentlicher Interessen über private Interessen deutlich gemacht wird, wie in den Grundsätzen des FENSA vorgesehen.

Förderung der öffentlichen Gesundheit für eine nachhaltige Entwicklung

Die Bewältigung unserer heutigen gesundheitspolitischen Herausforderungen und die Inangriffnahme aller Determinanten erfordern ein leistungsfähiges und grundlegend umgestaltetes öffentliches Gesundheitswesen für das 21. Jahrhundert.

Dabei handelt es sich um ein öffentliches Gut und eine gemeinsame gesellschaftliche und politische Aufgabe, die nicht nur die Gesundheitspolitik, sondern auch alle anderen Politikbereiche betrifft.

Ein solches Vorgehen ist auch ein Indikator für den Erfolg des Handelns der Regierung insgesamt und eine Investition in die wirtschaftliche Entwicklung von Ländern.

Hier ist ein hohes Maß an Engagement und Führung seitens der Politik auf hoher Ebene gefordert, das jedoch nicht in jedem Land vorhanden ist.

Das öffentliche Gesundheitswesen muss in allen Teilen der Europäischen Region durch sinnvolle Gesetze, gute Regierungsarbeit, institutionelle Strukturen und kompetentes Personal gestärkt werden.

Ich persönlich bin fest entschlossen, das öffentliche Gesundheitswesen in der Europäischen Region weiter zu stärken. Dazu habe ich einen breit angelegten Konsultationsprozess in Gang gesetzt, an dem auch externe Experten beteiligt sind. Unsere Zukunftsvision für die Förderung der öffentlichen Gesundheit werden wir Ihnen am Mittwoch präsentieren.

Migration und Gesundheit

Die Überprüfung der Umsetzung der Strategie für die Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten in der Europäischen Region hat erhebliche Fortschritte aufgezeigt, die in dem demnächst zu veröffentlichenden Europäischen Bericht über die Gesundheit von Migranten an zentraler Stelle ihren Niederschlag gefunden haben.

Mittlerweile tragen wir zur Erstellung eines globalen Aktionsplans für die Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten bei, der der Weltgesundheitsversammlung 2019 zur Prüfung vorgelegt werden soll.

Wir haben außerdem dazu beigetragen, dass Gesundheit im Globalen Pakt der Vereinten Nationen für eine sichere, geordnete und reguläre Migration sowie im Globalen Pakt für Flüchtlinge zu einem zentralen Element wird.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich der Regierung Italiens und dem Regionalen Gesundheitsrat von Sizilien für ihre Unterstützung des zweiten Sommerseminars zur Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten danken, das in diesem Monat auf Sizilien stattfindet.

Nichtübertragbare Krankheiten

Nun wende ich mich dem Bereich der nichtübertragbaren Krankheiten zu, wo die Europäische Region beträchtliche Erfolge bei der Senkung der vorzeitigen Mortalität vorweisen kann. Tatsächlich stellen wir einen rapiden Rückgang in allen Teilen der Region fest, und zwar bei beiden Geschlechtern.

Bei einem weiteren Rückgang in diesem Tempo gehen wir davon aus, dass wir die Zielvorgabe 3.4 der SDG schon vor 2030 erfüllen können.

Als Regionaldirektorin konnte ich diese Ergebnisse auf der Globalen Konferenz der WHO über nichtübertragbare Krankheiten stolz präsentieren, die im vergangenen Jahr in Montevideo stattfand und auf der wir auch unseren Bericht mit dem Titel „Überwachung der Verpflichtungen im Bereich der nichtübertragbaren Krankheiten in der Europäischen Region“ vorstellen konnten.

Aus dem Bericht ging klar hervor, dass kosteneffektive Interventionen gegen nichtübertragbare Krankheiten in vielen Mitgliedstaaten nicht zur Anwendung kommen.

Wir können uns nicht einfach zurücklehnen und in unseren Erfolgen sonnen, sondern müssen vielmehr unsere Interventionen intensivieren. Wir wissen, worauf es ankommt! Aber wir müssen mehr tun!

Anderenfalls werden die Länder mit höherer Mortalität noch zwei Jahrzehnte brauchen, um zu Ländern mit niedrigerer Mortalität aufzuschließen.

Es gibt Gleichheitsdefizite, die auf Unterschiede hinsichtlich der sozioökonomischen Möglichkeiten, der Exposition gegenüber Umweltfaktoren und des Zugangs zu sozialen Angeboten und Leistungen zurückzuführen sind.

Darüber hinaus bestehen auch einzelne „Inseln“ mit hoher vermeidbarer Mortalität bei Männern unter 70 Jahren, die mit erheblichen sozialen und ökonomischen Konsequenzen verbunden sind.

Wir müssen die Verbesserungen in Bezug auf nichtübertragbare Krankheiten beschleunigen, indem wir die Ausrichtung der Handlungskonzepte von Gesundheitssystemen auf Chancengleichheit stärken – gemäß der Maxime, niemanden zurückzulassen und die Teufelskreise gesundheitlicher Ungleichheiten zu durchbrechen.

Wir alle sind beflügelt von den erfolgreichen und umfassenden Bemühungen zur grundlegenden Umgestaltung der Gesundheitssysteme in der Europäischen Region als Antwort auf die Ausbreitung nichtübertragbarer Krankheiten, von denen auf der hochrangigen Tagung in Sitges im April diesen Jahres berichtet wurde.

Dort haben wir uns auf die erforderlichen Bausteine und Maßnahmen geeinigt, aber auch auf die Notwendigkeit einer Überspringung von Verfahrensschritten (leapfrogging).

Wir wissen, dass wir die Gesundheitssysteme stärken müssen, um bei den nichtübertragbaren Krankheiten bessere Resultate zu erzielen.


Wir benötigen grundlegende und weitreichende Veränderungen hinsichtlich der Art der Gestaltung von Leistungsangeboten in den Bereichen öffentliche Gesundheit, primäre Gesundheitsversorgung und fachärztliche Versorgung und müssen dabei ein genaueres Augenmerk auf Resultate, Koordination, Kontinuität und Vollständigkeit legen.

Ich halte dies für eine bahnbrechende Initiative der Europäischen Region der WHO im Hinblick auf die Dritte Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen auf hoher Ebene zum Thema nichtübertragbare Krankheiten, die nächste Woche in New York stattfindet.

Es ist meine Hoffnung, dass Ihre Länder auf dieser historischen Veranstaltung mit der höchstrangigen Präsenz vertreten sein werden.

All diese Themen stehen morgen auf der Tagesordnung, und am Mittwoch werden wir unseren neuen Bericht mit dem Titel Reaktion der Gesundheitssysteme auf nichtübertragbare Krankheiten präsentieren, der Maßnahmen für ein einheitliches Vorgehen mit allen Ländern zur erfolgreichen Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten beinhaltet.

Am Mittwoch werden wir auch über die Strategie zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Männern beraten, die durch ihren geschlechtersensiblen Ansatz zu diesen Bemühungen beiträgt.

An dieser Stelle möchte ich gegenüber der Russischen Föderation meine tiefe Dankbarkeit für ihre großzügige Unterstützung des Büros für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten in Moskau zum Ausdruck bringen.

Gesundheitssysteme

Meine Damen und Herren, leistungsfähige Gesundheitssysteme sind eine Voraussetzung für die Förderung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung sowie die Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung.

In diesem Jahr wurde die Bedeutung leistungsfähiger, bürgernaher und flexibler Gesundheitssysteme durch eine Vielzahl hochrangiger Veranstaltungen unterstrichen.

So haben wir auf einer hochrangigen Tagung im Juni in Tallinn, für deren Ausrichtung ich Estland herzlich danke, den zehnten Jahrestag der Annahme der Charta von Tallinn begangen.

Auf der Tagung bekräftigten wir unser Bekenntnis zu Solidarität, Chancengleichheit und Teilhabe.

Wir waren uns darüber einig, dass leistungsfähige Gesundheitssysteme inklusiv sein müssen und niemanden zurücklassen dürfen und dass niemand aufgrund von Gesundheitsproblemen in die Armut abrutschen darf.

Wir befassten uns auch mit der Frage, wie Innovationen in den Gesundheitssystemen gezielt dazu genutzt werden können, den Bedürfnissen der Menschen besser gerecht zu werden.

Unsere Gesundheitssysteme dürfen sich angesichts der sich verändernden ökonomischen, politischen, sozialen und gesundheitlichen Herausforderungen nicht passiv verhalten, sondern müssen in der Lage sein, sich auf die Zukunft einzustellen und an sie anzupassen.

Finanzielle Absicherung

In Tallinn haben wir die Ergebnisse einer Studie der Europäischen Region zum Thema finanzielle Absicherung präsentiert, in der aktuelle Schätzungen zur Inzidenz von zu Verarmung führenden Zahlungen aus eigener Tasche abgegeben wurden. Dazu verwendeten wir einen neuen Ansatz, der speziell für Länder mit mittlerem bis hohem Einkommen geeignet ist. Außerdem enthält der Bericht realisierbare konzeptionelle Empfehlungen, die in einigen Ländern schon umgesetzt werden.

Auch wenn einige Mitgliedstaaten gute Fortschritte erzielt haben, so liegt vor uns doch noch ein langer Weg bis zur Verwirklichung unserer Zielsetzung, dass niemand aufgrund von Gesundheitsproblemen in die Armut abrutschen darf.

In den an der Studie beteiligten 25 Ländern lag der Anteil der Haushalte, die durch Zahlungen aus eigener Tasche verarmt oder weiter verarmt sind, zwischen 0,3% und 9%.

Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass es möglich ist, durch Verringerung der Zahlungen aus eigener Tasche auf maximal 15% der Gesamthöhe der Gesundheitsausgaben in Verbindung mit geeigneten Kostenerstattungskonzepten zugunsten einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen krankheitsbedingte Armut zu vermeiden.

Wir haben auch einen Dialog zwischen gesundheits- und finanzpolitischen Entscheidungsträgern in Gang gebracht, um für staatliche Investitionen in die Gesundheitssysteme – und insbesondere das öffentliche Gesundheitswesen – zu werben.

All diese Fragen stehen morgen auf der Tagesordnung.

Ausbau der primären Gesundheitsversorgung

Eine weitere wichtige Tagung in diesem Jahr findet im Oktober in Astana anlässlich des 40. Jahrestages der Konferenz von Alma-Ata über primäre Gesundheitsversorgung statt.

Auch hier möchte ich Ihre Regierungen bitten, eine Repräsentanz auf der höchstmöglichen Ebene zu veranlassen.

Auf der Tagung soll die 1978 unterzeichnete Erklärung von Alma-Ata gewürdigt und die bevorstehende Globale Konferenz über primäre Gesundheitsversorgung vorbereitet werden. Ferner soll auch das politische Engagement für eine bürgernahe Gestaltung der primären Gesundheitsversorgung erneuert werden.

Schließlich soll auch der Grundstein für die im nächsten Jahr in New York stattfindende Tagung der Vereinten Nationen auf hoher Ebene über allgemeine Gesundheitsversorgung gelegt werden.

Deshalb freue ich mich, Ihnen heute die Einsetzung einer Sonderarbeitsgruppe der WHO zur Ökonomie der primären Gesundheitsversorgung vermelden zu können, die auf freundliche Einladung der dänischen Gesundheitsbehörde vor zwei Wochen ihre erste Sitzung abgehalten hat.
Abschließend möchte ich der Regierung Kasachstans für ihre Unterstützung des in Almaty angesiedelten Europäischen Zentrums der WHO für primäre Gesundheitsversorgung danken.

Seminare zur Stärkung der Gesundheitssysteme

Wir haben die Serie von Seminaren über die Stärkung der Gesundheitssysteme im Hinblick auf eine verbesserte Prävention und Versorgung im Bereich Tuberkulose fortgesetzt und Vertreter der Gesundheits- und Finanzministerien sowie der nationalen Krankenversicherungsfonds einbezogen.

Das jährliche Seminar der WHO in Barcelona zum Thema Gesundheitsfinanzierung für eine allgemeine Gesundheitsversorgung findet diesmal im Oktober statt.

Ich danke der Regierung Spaniens und der Regierung der Region Katalonien für die anhaltende Unterstützung des in Barcelona angesiedelten Fachzentrums der WHO zur Stärkung der Gesundheitssysteme.

Darüber hinaus haben wir zusammen mit dem unter dem Dach von Gesundheit Österreich tätigen Kooperationszentrum der WHO das Sommerseminar über Preisbildung und Kostenerstattung für Arzneimittel fortgesetzt.

Zugang zu Arzneimitteln

Die Herstellung eines Zugangs zu bezahlbaren, wirksamen und hochwertigen Medikamenten ist ein weiteres wesentliches Element einer allgemeinen Gesundheitsversorgung und ein wichtiges Anliegen für viele Mitgliedstaaten.

Zur Verbesserung des Zugangs sind vielschichtige Interventionen erforderlich, die umfassende nationale Konzepte sowie stützende rechtliche und ordnungspolitische Rahmen und effiziente Versorgungsketten beinhalten.

Erfreulicherweise gibt es inzwischen eine Reihe von grenzüberschreitenden Kooperationen, durch die die Länder eine Stärkung ihrer Verhandlungsposition sowie eine Angleichung von Preis- und Kostenniveaus anstreben.

Da die meisten Länder in der Europäischen Region keinen Zugriff mehr auf globale externe Finanzinstrumente haben, kommt es entscheidend auf einen effizienten Übergang auf eine inländische Finanzierung und Versorgungssteuerung an.

Wir werden die Länder bei ihrer Planung für diesen Übergang unterstützen.

Verbesserung der Verfügbarkeit und Verbreitung von Gesundheitsinformationen

Die Analyse und Verbreitung von Gesundheitsinformationen wird immer ausgereifter.

Dies zeigt sich in vielen unserer Initiativen, etwa beim Europäischen Gesundheitsinformations-Portal, dem fachlich begutachteten Journal Public Health Panorama und den Berichten unseres Health Evidence Network.

Mit unseren Flaggschiff-Lehrgängen wie dem Herbstseminar über Gesundheitsinformationen und Evidenz für die Politikgestaltung arbeiten wir weiter darauf hin, in den Ländern Kapazitäten für die Gewinnung, Bewertung und Nutzung von Evidenz für die Politikgestaltung aufzubauen. Wir erstellen gerade einen neuen Lehrplan für die zweite Phase des Herbstseminars und seines Aufbaukurses.

Gesundheitsforschung und Wissensumsetzung

Das mittlerweile in 21 Ländern tätige Evidence-informed Policy Network (EVIPNet) ist den Ländern beim Ausbau ihrer Kapazitäten für die Entwicklung gesundheitspolitischer Konzepte behilflich, indem es Hintergrundpapiere für die Politik erstellt und in den Ländern Politikdialoge durchführt.

In diesem Jahr haben wir das Europäische Netzwerk für Gesundheitsforschung in Bulgarien gestartet, das den Aufbau von Gesundheitsforschungssystemen in den Ländern unterstützen soll.

Der Europäische Beratungsausschuss für Gesundheitsforschung spielt weiterhin eine wesentliche Rolle bei der Formulierung von Konzepten für die Entwicklung der Gesundheitsforschung.

In diesem Jahr hat der EACHR der WHO die Einsetzung einer hochrangigen Europäischen Sonderarbeitsgruppe für Big Data und die Ausarbeitung einer entsprechenden Strategie empfohlen, die mittlerweile im Gange ist.

All diese Aktivitäten werden von der Europäischen Gesundheitsinformations-Initiative koordiniert und gesteuert, die mittlerweile 39 Mitglieder umfasst, die aus den Ländern stammen oder internationale Partner wie die Europäische Kommission und die OECD vertreten. Unter dem Dach der EHII sind inzwischen acht Gesundheitsinformationsnetzwerke vereint, die eine Evidenz- und Informationsgrundlage für die Gesundheitspolitik bilden.

Prävention und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten

Europäische Region erhält ihren Status als malaria- und poliofrei aufrecht

Eine gute Nachricht: Der Status unserer Region als malaria- und poliofrei konnte aufrechterhalten werden, und wir beabsichtigen, die Eliminierung der Malaria in diesem Jahr zertifizieren zu lassen.

Auf der Grundlage der Verpflichtungen von Aschgabat tragen Interventionen im Bereich der Malariabekämpfung wie Surveillance, Vektorenbekämpfung sowie ressortübergreifende und grenzüberschreitende Kooperationen zur Prävention und Bekämpfung anderer Vektorkrankheiten bei, die in der Europäischen Region in besorgniserregendem Maße auf dem Vormarsch sind.

Diese stehen am Donnerstag auf der Tagesordnung.

Eliminierung von Masern und Röteln

In Bezug auf Fortschritte bei der Eliminierung von Masern und Röteln ergibt sich ein gemischtes Bild.

Trotz des Erfolgs einer Unterbrechung der endemischen Übertragung der Masern und Röteln in 43 Mitgliedstaaten kommt es vor allem in den Ländern Westeuropas immer noch zu großen Masernausbrüchen mit Todesfällen und komplizierten Krankheitsverläufen. Dies ist angesichts des Vorhandenseins wirksamer und bezahlbarer Impfstoffe nicht hinnehmbar.

Wir arbeiten eng mit den betroffenen Ländern zusammen, von denen viele inzwischen Maßnahmen zur Stärkung des Impfwesens ergriffen haben, einschließlich des gesetzlichen Rahmens zur Eindämmung solcher Ausbrüche.

Immunisierung und impfpräventable Krankheiten

Um die im Europäischen Impfaktionsplan festgelegten Ziele zu erreichen und Krankheitsausbrüche zu vermeiden, müssen wir den Impfmaßnahmen den höchstmöglichen politischen Stellenwert verschaffen.

In der Halbzeitbilanz des Aktionsplans finden sich wertvolle Erkenntnisse im Hinblick auf die Schaffung eines chancengleichen Zugangs zu bezahlbaren und wirksamen Impfmaßnahmen. Hierüber werden wir morgen ausführlicher diskutieren.

Ich appelliere dringend an alle Mitgliedstaaten, allen Menschen in der Europäischen Region einen chancengleichen Zugang zu den Vorteilen von Impfungen in allen Lebensphasen zu verschaffen.

In diesem Zusammenhang möchte ich anerkennend auf die in diesem Jahr in Montenegro eingegangene Verpflichtung der Minister der Länder Südosteuropas hinweisen, Maßnahmen zur Förderung des Impfwesens zu beschleunigen.

Unsere Schirmherrin, Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von Dänemark, hat uns auch in diesem Jahr wieder während der Europäischen Impfwoche zur Seite gestanden, und wir danken ihr für ihre anhaltende Unterstützung.

Tuberkulose

Auf dem Gebiet der Tuberkulosebekämpfung können wir Erfreuliches vermelden. Denn Europa ist die WHO-Region mit dem schnellsten Rückgang der Tuberkuloseinzidenz, und wir beobachten auch einen signifikanten Rückgang der Mortalitätsrate.

Dank Ihrer Bemühungen und in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen konnte die Fallaufdeckungsrate bei MDR-Tb mehr als verdoppelt werden, und auch die Behandlungserfolgsrate verbessert sich langsam, aber stetig.

Diese Erfolge wurden durch eine Stärkung der Handlungsfähigkeit der Gesundheitssysteme mit Hilfe bürgernaher Versorgungsmodelle ermöglicht.

Doch trotz dieser Erfolge weist Europa von allen WHO-Regionen noch immer die höchste MDR-Tb-Rate auf: jeder fünfte Patient mit MDR-Tb weltweit lebt in unserer Region.

Auch der Anteil der HIV-Tuberkulose-Koinfektionen hat sich erhöht – auf 12% –, sodass nun jeder achte Tuberkulosepatient auch mit HIV infiziert ist.

Jetzt ist es an der Zeit, unsere Anstrengungen zu forcieren. Die Tagung der Vereinten Nationen auf hoher Ebene zum Thema Tuberkulose, die erstmals nächste Woche in New York stattfindet, bietet eine einzigartige Gelegenheit, unser Bekenntnis zur Beendigung der Tuberkulose bis 2030 zu erneuern.

HIV

Mit Blick auf HIV stehen wir vor beträchtlichen Herausforderungen, und immer noch ist sich ein Fünftel aller mit dem Virus lebenden Personen in der Europäischen Region ihres HIV-Status nicht bewusst.

2017 entfielen 82% aller HIV-Neuinfektionen auf die Länder Osteuropas und Zentralasiens, wo nur ein Drittel der mit HIV lebenden Menschen antiretrovirale Therapie erhielten.

Um eine angemessene Prävention und Versorgung im Bereich HIV zu erreichen, insbesondere unter den wichtigsten Risikogruppen, sind ein Höchstmaß an politischem Engagement und mutigere Maßnahmen erforderlich.

Auf einem Politikdialog im Juli in Amsterdam waren wir uns mit den Gesundheitsministern der Länder Osteuropas und Zentralasiens darüber einig, dass es nun an der Zeit ist, unsere Anstrengungen zu intensivieren, und wir es uns nicht leisten können, wie bisher weiterzumachen.
Wir müssen die Umsetzung evidenzbasierter Interventionen ausweiten und dringliche gemeinsame Maßnahmen zur Bekämpfung der HIV-Epidemie ergreifen.

Deshalb arbeiten wir an einem Fahrplan mit spezifischen Maßnahmen für alle betroffenen Länder.

Ich möchte der Regierung der Niederlande und UNAIDS dafür danken, dass sie gemeinsam diese wichtige Tagung in Verbindung mit der 22. Welt-Aids-Konferenz ausgerichtet haben.

Virushepatitis

Eine weitere Herausforderung ist die Virushepatitis, die für mindestens 60% aller Leberkrebserkrankungen verantwortlich ist und die ein beschleunigtes Handeln und ein verstärktes Engagement erfordern.

Wir werden Sie weiterhin beim Ausbau Ihrer Surveillance- und Laborkapazitäten und bei der Aktualisierung von Behandlungsleitlinien unterstützen, um sicherzustellen, dass alle, die mit Virushepatitis leben, Zugang zu sicheren, bezahlbaren und wirksamen Präventions-, Behandlungs- und Pflegeangeboten erhalten

Antimikrobielle Resistenz

Die weltweiten Anstrengungen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen werden mit unerschütterlicher Entschlossenheit fortgesetzt, und die Europäische Region hat hier weiter eine Führungsrolle inne.

Ich bin erfreut darüber, dass in unserer Region schon 34 Länder ressortübergreifende nationale Aktionspläne ausgearbeitet haben, und wir unterstützen die übrigen Länder bei der Fertigstellung ihrer Pläne sowie bei deren Umsetzung.

Nun, da das Bild der Konsum- und Resistenzmuster antimikrobieller Mittel in unserer Region sich dank der Arbeit unserer Surveillance-Netzwerke langsam vervollständigt, werden wir uns auf Grundsatzinterventionen konzentrieren, die einer übermäßigen Nutzung antimikrobieller Mittel entgegenwirken, aber auch auf Maßnahmen von Infektionsschutz und -bekämpfung, insbesondere in Gesundheitseinrichtungen.

Auch hier möchte ich mich wieder für die wertvolle Unterstützung durch Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von Dänemark bedanken, die bei jeder Gelegenheit die Öffentlichkeit für die Problematik AMR sensibilisiert hat.

Gesundheitliche Notlagen, Vorsorge-, Surveillance- und Gegenmaßnahmen

Meine Damen und Herren, Bereitschaftsplanung und Gegenmaßnahmen in Bezug auf gesundheitliche Notlagen sind für uns weiterhin eine Priorität; dabei liegen besondere Schwerpunkte auf der Entdeckung von Frühwarnsignalen und der Unterstützung der Länder bei der Vorbereitung.

Der Entwurf des Aktionsplans zur Verbesserung von Vorsorge- und Bewältigungsmaßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit in der Europäischen Region geht einen Schritt weiter und thematisiert im Hinblick auf die Verwirklichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung das Beziehungsgeflecht zwischen der Bereitschaftsplanung für gesundheitliche Notlagen, der Stärkung der Gesundheitssysteme und den grundlegenden gesundheitspolitischen Funktionen.

Mit dieser Thematik werden wir uns am Mittwoch näher befassen.

Im Bereich der Sofortmaßnahmen bei gesundheitlichen Notlagen möchte ich der Türkei dafür danken, dass sie den 4 Mio. syrischen Flüchtlingen im Land einen allgemeinen Zugang zu kulturell sensiblen, bürgernahen und hochwertigen Gesundheitsleistungen ermöglicht hat.

Die Schulung der syrischen Gesundheitsfachkräfte und ihre Einbindung in das türkische Gesundheitssystem ist ein Beispiel für soziale Inklusion und Anpassung, mit dem zusätzlichen Vorteil, dass dadurch alle Flüchtlinge Zugang zu Gesundheitsleistungen erhalten, die von den eigenen Landsleuten erbracht werden.

Dieses beispielhafte Modell wird am Mittwoch näher vorgestellt.

Arbeit mit den Ländern für die Länder

Die Arbeit mit den Ländern für die Länder bildet den Kern des Mandats der WHO und ist seit meinem Amtsantritt als Regionaldirektorin mein dringlichstes Anliegen.

So war es uns eine Freude, Minister und andere hochrangige Beamte vieler verschiedener Länder im Regionalbüro begrüßen zu dürfen.
Im Rahmen der WHO-Reform liegt der Schwerpunkt auf der Stärkung der Führungsrolle der WHO auf der Länderebene.

Deshalb haben wir die Bediensteten in den Ländern zu selbstbestimmtem Handeln befähigt und ihre Rolle zu internationalen Repräsentanten der WHO aufgewertet. Wir haben unsere Länderbüros weiter gestärkt und vor kurzem ein neues WHO-Büro in Griechenland eröffnet. So sollen die Länder wirksamer dabei unterstützt werden, in ihrer Gesundheitspolitik ein Höchstmaß an Wirkung zu erreichen.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch für den herzlichen Empfang bedanken, der mir bei meinen Besuchen in vielen Ländern in der gesamten Region bereitet wurde. Ich bin außerordentlich dankbar für die vielen gesundheitspolitischen Diskussionen auf hoher Ebene mit Staats- und Regierungschefs, Ministern und hochrangigen Regierungsbeamten.

Ich freue mich, dass die Besuche von Mitgliedern des Ständigen Ausschusses in den Ländern die Gelegenheit geboten haben, die Arbeit der WHO auf Länderebene zu demonstrieren.

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im Laufe der Konferenz.

Partnerschaften zur Verbesserung der Gesundheitssituation und der Politikkohärenz

Partnerschaften sind eines der vorrangigen Handlungsfelder der Umgestaltungsagenda des Generaldirektors.

In den vergangenen acht Jahren habe ich mich persönlich für die Stärkung von Partnerschaften in der gesamten Region eingesetzt, was im letzten Jahr schließlich in der Ausarbeitung einer Partnerschaftsstrategie mündete.

Die regionsweite Zusammenarbeit mit den Organisationen der Vereinten Nationen in einer Vielzahl von Bereichen war dabei ebenso beispielhaft wie die von der WHO geleitete Themenbezogene Koalition der Vereinten Nationen für die gesundheitsbezogenen SDG.

In diesem Zusammenhang möchte ich Cihan Sultanoglu, der scheidenden Vorsitzenden des Regionalen Teams der UNDG, für ihre außergewöhnliche Führungsarbeit während der vergangenen sechs Jahre danken.

Ich wurde gebeten, bis zur Neubesetzung der Position kommissarisch den Vorsitz der UNSDG in Europa und Zentralasien zu übernehmen. Dies empfinde ich als eine große Ehre und habe mit Freuden angenommen.

Diese Funktion ermöglicht uns weitere Einblicke in die Reform der Vereinten Nationen und wird der WHO dabei helfen, sich bei deren Umsetzung zu positionieren und gleichzeitig unsere normative Arbeit aufrechtzuerhalten.

An der Vorbereitung des Reformprozesses der Vereinten Nationen haben wir auf allen drei Ebenen der Organisation aktiv mitgewirkt. Auch an seiner Umsetzung werden wir uns beteiligen.

Die WHO hat in Gesundheitsfragen intensiv mit der Europäischen Union zusammengearbeitet, u. a. in den Bereichen humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe.

Wir haben eine erfolgreiche Tagung der hochrangigen Vertreter der EU und der WHO unter Beteiligung des Hauptbüros und aller WHO-Regionen abgehalten, um unsere zukünftige Arbeit u. a. im Bereich Forschung und Entwicklung sowie im Umweltbereich zu erörtern.

Wir haben in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Inhabern der EU-Ratspräsidentschaft zahlreiche vorrangige Gesundheitsthemen vorangetrieben.

Als letztes Beispiel möchte ich hier unsere Zusammenarbeit mit den nichtstaatlichen Akteuren anführen.

Der am Donnerstag zu behandelnde Tagesordnungspunkt wird ein wichtiger Meilenstein sein, in dessen Rahmen wir erstmals 19 nichtstaatliche Akteure akkreditieren werden, die vom SCRC überprüft und empfohlen wurden. Dieses Verfahren steht mit dem FENSA vollauf in Einklang.

Führungsrolle der WHO bei der Umsetzung des Dreizehnten Allgemeinen Arbeitsprogramms 2019–2023

Sehr geehrter Herr Generaldirektor, gemeinsam arbeiten wir darauf hin, die WHO auf die Umsetzung des GPW13 vorzubereiten und dessen Wirkung in den Ländern zur Verwirklichung der „dreifachen Milliarden-Zielmarke“ zu erhöhen.

Unter Ihrer Führung und der Führung der Global Policy Group werden enorme Anstrengungen auf allen drei Ebenen der WHO unternommen, um unsere gemeinsamen Werte, unsere gemeinsame Kultur und unsere Betriebsmodelle und Prozesse zu definieren und in Einklang zu bringen.
Hier beim Regionalbüro sind wir bereit, engagiert und gut gerüstet, um uns dieser Herausforderung zu stellen. Die Umsetzung des umfassenden Umgestaltungsprozesses erfolgt auf Grundlage unserer Initiative „Mehr Gesundheit für Europa“ aus dem Jahr 2010, die auf die gleichen strategischen Dimensionen abzielt wie die WHO-Reform.

Das Geschäftsmodell unseres Regionalbüros ermöglicht es uns, hoch effizient und effektiv innerhalb eines relativ kleinen Haushaltsrahmens zu agieren und den Mitgliedstaaten ein breites Spektrum an Unterstützung zu bieten: von konzeptioneller und strategischer Beratung bis hin zu fachlicher Hilfe.

Es ist erfreulich, dass die Wirksamkeit des Risikomanagements und die internen Kontrollverfahren des Regionalbüros im Rahmen der jüngsten internen Rechnungsprüfungen erfolgreich validiert wurden.

Darauf sind wir stolz, und zugleich erhöht dies unser Engagement, Rechenschaftslegung und Transparenz bei der Verwirklichung von Resultaten zu wahren und weiter auszubauen.

Ich möchte mich bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Büros in der gesamten Europäischen Region für ihre harte Arbeit, ihren Einsatz und ihr Engagement zur Erzielung hochwertiger Ergebnisse auf möglichst effiziente und effektive Weise bedanken.

Fazit und Ausblick

Meine Damen und Herren, wir können stolz sein auf die ausgezeichneten Ergebnisse, die wir gemeinsam erzielt haben.

Um jedoch weitere Fortschritte zu erzielen und die Lücken zu schließen, benötigen wir ein stärkeres politisches Engagement für Gesundheit und Wohlbefinden als integraler Bestandteil einer nachhaltigen Entwicklung.

Ein solches Engagement erfordert wirksame Maßnahmen in allen relevanten Ressorts und von allen maßgeblichen Akteuren. Es sollte Auswirkungen auf parlamentarische Entscheidungsprozesse haben und zu politischer Kohärenz zwischen verschiedenen Ressorts und auf allen Ebenen beitragen.

Die WHO ist entschlossen, die Führungsrolle zu übernehmen und gemeinsam mit den Regierungen und allen Partnerorganisationen sicherzustellen, dass Gesundheit einen festen Platz auf der politischen Tagesordnung hat.

Die WHO ist entschlossen, ihre Arbeitsabläufe zu straffen, um effizient auf einen höchstmöglichen Wirkungsgrad hinzuarbeiten.

Die SDG, „Gesundheit 2020“ und unsere erneuerte Vision für die öffentliche Gesundheit weisen uns den Weg, und das GPW 13 stellt uns die Mittel und Werkzeuge bereit, um erfolgreich zu sein.

Wir haben eine gemeinsame Zukunftsvision: eine Welt, in der alle ihr Recht auf ein gesundes und glückliches Leben verwirklichen können.

Um diese Vision zu verwirklichen, müssen wir alle – Politiker, Entscheidungsträger, Fachkräfte und Bürger aus allen Teilen der Gesellschaft – uns zu ihr bekennen.

Und um dieses Bekenntnis bitte ich Sie.