Portugals Aktionsplan zur Förderung von Gesundheitskompetenz leistet Hilfe zur Selbsthilfe

Miguel Telo de Arriaga

Um die Fähigkeit der Bürger zur Einholung, zum Verständnis und zur Anwendung korrekter Informationen für die Erhaltung ihrer Gesundheit zu verbessern, hat Portugal einen Aktionsplan zur Förderung von Gesundheitskompetenz ausgearbeitet, der eine aktive Beteiligung seiner Bürger an Entscheidungen hinsichtlich ihrer Gesundheitsversorgung ermöglichen soll.

Der Aktionsplan soll die Fähigkeit der Menschen verbessern, sich im Alltag im portugiesischen Gesundheitssystem zurechtzufinden.

„Wir wollen die Gesundheitskompetenz unserer Bürger im gesamten Lebensverlauf gezielt fördern“, sagte Miguel Telo de Arriaga, Leiter der Abteilung Gesundheitskompetenz, Gesundheit und Wohlbefinden in der portugiesischen Generaldirektion Gesundheit. „Die Schwerpunkte liegen dabei auf Kindern, Senioren und der erwerbsfähigen Bevölkerung, also Menschen im besten Alter, mit dem Ziel, die Mortalitätsraten zu senken und Krankheit zu verhindern.“

Das Thema Gesundheitskompetenz wurde in Portugal zu einem politischen Anliegen, als die Ergebnisse der von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Jahr 2014 organisierten Europäischen Erhebung zur Gesundheitskompetenz veröffentlicht wurden.

„Die Daten wurden in mehrere Kategorien unterteilt, und aufgrund dieser Ergebnisse wurde uns klar, dass in einigen zentralen Kategorien deutlicher Verbesserungsbedarf herrschte, vor allem in Portugal“, erklärte Arriaga.

Denn mit 8,6% hatte Portugal den geringsten Anteil an Menschen mit ausgezeichneter Gesundheitskompetenz; in den anderen an der Erhebung beteiligten Ländern lag dieser Wert bei durchschnittlich 16,5%. Portugal wies auch einen höheren Anteil an Menschen mit einem problematischen Mangel an Gesundheitskompetenz auf: 38,1% gegenüber dem europäischen Durchschnitt von 35,2%.

„Zur Bewältigung dieser Herausforderung war eine Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Akteuren in Kommunen, im Bildungswesen, in den Gesundheitsberufen sowie in Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft erforderlich“, fügte er hinzu.

Zu den in Portugal ergriffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz gehörte die Einrichtung einer rund um die Uhr arbeitenden telefonischen Beratungsstelle, SNS 24. Sie bietet den Menschen einen einfachen Zugang zu Gesundheitsfachkräften, die Fragen beantworten oder Termine vereinbaren können und so die Menschen oft davon abhalten, sofort ins Krankenhaus zu gehen, wenn sie Fragen haben. Das Land hat SNS 24 durch eine Werbe- und Informationskampagne gefördert.

Schwerpunkt auf Verbesserung der Lebensqualität

Der portugiesische Aktionsplan zur Förderung von Gesundheitskompetenz, der eine Vielzahl verschiedener Akteure einbezieht, bot auch die Gelegenheit, ein verstärktes Augenmerk auf andere gesundheitliche Ziele wie die Verbesserung der Lebensqualität für Menschen über 65 Jahre zu richten und die Zahl der Adipositasfälle sowie den Anteil der Raucher im Land zu senken.

„Die Menschen leben lange, aber nicht immer in bester Gesundheit oder Verfassung, vor allem wenn sie jahrelang geraucht oder zu lange unter Adipositas gelitten haben“, erklärte Arriaga.

Doch durch die Zusammenarbeit mit Medien, staatlichen Behörden und gesellschaftlichen Gruppen im Rahmen des Aktionsplans seien einige positive Ergebnisse erzielt worden. Erste Ergebnisse aus mehreren Untersuchungen deuten offenbar darauf hin, dass die Adipositas unter Kindern sich stabilisiert hat und in der Altersgruppe von sechs bis zehn Jahren rückläufig ist. Durch eine Kombination aus steuerlichen Maßnahmen und nationalen Werbekampagnen konnte Portugal auch einen Rückgang des Tabakkonsums erreichen.

Workshop zum Thema Gesundheitskompetenz und das  Europäische Aktionsnetzwerk

Im Januar 2019 richtete Portugal einen Workshop aus, der sich mit der Entwicklung, Umsetzung und Evaluation von Initiativen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz in der gesamten Europäischen Region der WHO mit dem Ziel der Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten befasste.

Auf der Veranstaltung in Lissabon kamen Vertreter von mehr als 20 Ländern zusammen, um voneinander zu lernen und Erfahrungen über Projekte zur Förderung von Gesundheitskompetenz auszutauschen. Die auf dem Workshop anwesenden Delegierten aus den Ländern erörterten zusammen mit Experten für Gesundheitskompetenz aus aller Welt ein breites Spektrum von Themen: von der Gestaltung nationaler Projekte zur Förderung von Gesundheitskompetenz über die Rolle des Staates bis zur Förderung digitaler Gesundheitskompetenz.

Im Laufe der Tagung wurde auch das Aktionsnetzwerk der Europäischen Region der WHO für Gesundheitskompetenz zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten eingeweiht. Seine Ziele sind:

  • die Einrichtung einer Praktikergemeinschaft der Mitgliedstaaten im Bereich der Gesundheitskompetenz zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten;
  • der Erfahrungsaustausch zwischen Mitgliedstaaten und maßgeblichen Akteuren bei der Förderung von Gesundheitskompetenz als Instrument für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten;
  • die Gewinnung und Verbreitung von Wissen über den Beitrag der Gesundheitskompetenz zur Verwirklichung der gesundheitlichen Ziele der Europäischen Region wie auch der globalen Gesundheitsziele, insbesondere der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) und der auf nichtübertragbare Krankheiten bezogenen Zielvorgaben im gesamten Lebensverlauf.

Angesichts der Bedeutung von Gesundheitskompetenz als Instrument zur Verwirklichung des SDG 3 wird das WHO-Regionalbüro für Europa einen Fahrplan für die Europäische Region zur Erhöhung der Gesundheitskompetenz im gesamten Lebensverlauf ausarbeiten und mit den Mitgliedstaaten und anderen Partnern regelmäßige Beratungen über das künftige Vorgehen abhalten. Darüber hinaus wird das Regionalbüro auch Schulungen für die Länder organisieren, und zwar für Teilnehmer von inner- und außerhalb des Gesundheitswesens, um die Länder bei der Umsetzung konkreter Projekte zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz zu unterstützen.