Beispiele für Investitionen in die Gesundheit aus dem Südosteuropäischen Gesundheitsnetzwerk
Das 4. Forum der Gesundheitsminister der Länder Südosteuropas, das am 3.–4. April 2017 in Chisinau (Republik Moldau) stattfindet, steht unter dem Motto „Gesundheit, Wohlbefinden und Wohlstand in Südosteuropa bis 2030 angesichts der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. Die teilnehmenden Gesundheitsminister werden Wege zu einer engeren Partnerschaft erkunden. Die Beratungen können in den sozialen Medien unter #seeforum2017 verfolgt werden.
Das Südosteuropäische Gesundheitsnetzwerk (SEEHN), das 2001 als zwischenstaatliche Initiative für regionale Zusammenarbeit geschaffen wurde, hat gezeigt, dass das Gesundheitswesen nach einem Konflikt zu Versöhnung, Frieden und Stabilität beitragen kann. Seine derzeit neun Mitglieder – Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Israel (seit 2011), die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro, Republik Moldau, Rumänien und Serbien – verfolgen das gemeinsame Ziel, Gesundheit als integralen Bestandteil der wirtschaftlichen Entwicklung zu fördern. Neben der Beteiligung an zwischenstaatlichen Initiativen investiert jedes Land selbst in Gesundheit und erbringt Ergebnisse, an denen sich die anderen Mitglieder des Netzwerks orientieren.
Auf dem Forum wird eine neue Publikation vorgestellt, die einen Überblick über die Gesundheitsausgaben und den Gesundheitszustand in den Mitgliedstaaten des SEEHN bietet und zu jedem Staat Beispiele für ressortübergreifende Investitionen in die Gesundheit liefert. Im Anschluss an das Forum soll sie im Internet veröffentlicht werden.
Tabakverbot in Albanien
Umfragen der letzten Jahre lassen erkennen, dass in Albanien über 50% der Erwachsenen rauchen. Aus diesem Grund hat die Regierung Albaniens erste Schritte zur Einführung eines Rauchverbots unternommen. Der WHO zufolge kann in Albanien mit weniger als 30 Lek (etwa 0,25 Euro) pro Person und Jahr die vier aussichtsreichsten Optionen („best buys“) für die Eindämmung des Tabakkonsums finanzieren: Anhebung der Verbrauchssteuern auf Tabak, Erlass eines umfassenden Gesetzes zur Rauchfreiheit auf nationaler Ebene, Verhängung eines Verbots für Werbung und Verkaufsförderung für Tabakerzeugnisse und Verpflichtung zum Anbringen großer und drastisch bebilderter Warnhinweise auf Verpackungen von Tabakerzeugnissen. Diese kleinen Investitionen werden von großem Nutzen für die Gesundheit und den Wohlstand der Bevölkerung des Landes sein.
Gemeindenahe psychosoziale Dienste in Bosnien und Herzegowina
Die Psychiatriereform ist für das SEEHN eine langfristige Aufgabe. Dabei legt es Wert auf die Achtung der Menschenrechte und der Würde von Menschen mit psychischen Störungen. Durch die Einrichtung gemeindenaher Zentren in Bosnien und Herzegowina wird eine integrierte psychische Versorgung für die Menschen direkt vor Ort bereitgestellt. Die Angebote, die auf nachweislich wirksamen Methoden beruhen, sollen insbesondere eine rasche Genesung fördern. Dank des Engagements und politischen Willens von Fachkreisen, örtlichen Behörden und der Zivilgesellschaft konnte aus zwei Pilotzentren ein landesweites Netz entstehen, das eine stabile Versorgung anbietet.
Stärkeres Tabakgesetz in Bulgarien
In Bulgarien rauchen 45% der Männer und 25% der Frauen. Die meisten Raucher sind zwischen 25 und 39 Jahre alt. Nach Widerstand gegen ein Gesetz von 2009, mit dem Restaurants, Bars, Clubs und Cafés komplett rauchfrei wurden, brachte das Gesundheitswesen mit Unterstützung durch Organisationen der Zivilgesellschaft und maßgebliche Ressorts wie Wirtschaft, Finanzen, Tourismus und Landwirtschaft eine Initiative für ein neues, stärkeres Gesetz ein.
Neben einem vollständigen Rauchverbot an öffentlichen Orten sieht das 2016 beschlossene Gesetz Folgendes vor: Der Verkauf von Tabakwaren mit bestimmten Geschmacksrichtungen und Aromen ist verboten; auf Zigarettenpackungen müssen bildliche Warnhinweise angebracht werden; Tabakhersteller und -importeure sind verpflichtet, das Wirtschaftsministerium über neue Produkte sechs Monate vor ihrer Einführung informieren; für den Teer-, Nikotin- und Kohlenmonoxidgehalt von Tabakerzeugnissen gelten Höchstgrenzen. Dieser Erfolg macht deutlich, wie wichtig politischer Wille und bereichsübergreifende Zusammenarbeit für die Verwirklichung gesundheitlicher Ziele sind.
Bekämpfung von Adipositas in Israel
Als Antwort auf die steigenden Adipositasraten und die im Vergleich zu den westeuropäischen Ländern doppelt so hohe Prävalenz von Diabetes legte die Regierung Israels 2008 ein nationales Programm zur Förderung einer aktiven und gesunden Lebensweise auf. Dank gemeinsamer Bemühungen, den Zugang zu ungesunden Lebensmitteln in Schulen zu beschränken sowie gesunde Schulmahlzeiten und Bewegung zu fördern, nimmt die Adipositas derzeit nicht weiter zu und dürfte in den kommenden Jahren zurückgehen. Maßgeblich für den Erfolg des Programms ist die ressortübergreifende Zusammenarbeit. Sie umfasst die gemeinsame Planung, Umsetzung und in begrenztem Umfang auch Budgetierung zwischen den Ministerien für Gesundheit, Landwirtschaft, Bildung sowie Kultur und Sport.
Analyse der Luftverschmutzung in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien
Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien hat mit die höchste Luftverschmutzung in Europa. In der Hauptstadt Skopje gibt es in den Wintermonaten kaum Luftbewegung. Dadurch steigt die von Verkehr, Industrie und Privathaushalten verursachte Feinstaubbelastung oft auf ein gefährliches Maß an.
Anhand einer von den Kommunalbehörden vorgenommenen Analyse der Schadstoffkonzentration und ihrer gesundheitlichen Wirkung bei dem Menschen wurden die Folgen der Luftverschmutzung für Gesundheit und Wirtschaft geschätzt. Demnach war die Luftverschmutzung durch Feinstaub 2011 für 1350 Todesfälle infolge von kardiopulmonalen Erkrankungen und Lungenkrebs und für 770 Krankenhauseinweisungen verantwortlich. Die ökonomischen Kosten dieser gesundheitlichen Auswirkungen betragen jährlich 253 Mio. € oder 3,2% des Bruttoinlandsprodukts des Landes. Diese Erkenntnisse bestätigen die Dringlichkeit ökologischer Interventionen in Schlüsselbereichen zur Senkung der Feinstaubkonzentration und Luftverschmutzung.
Verbesserung der allgemeinen Gesundheitsversorgung in Notlagen in der Republik Moldau
2009 und 2010 eingeführte Gesetze ermöglichen allen Bürgern der Republik Moldau den Zugang zu einer kostenlosen primären Gesundheitsversorgung durch Hausärzte. Im Zuge dieser Reformen wurde der Krankenversicherungsschutz auf nahezu 80% der Bevölkerung ausgeweitet und die Inanspruchnahme der Angebote gesteigert. Darüber hinaus wurden finanzielle Hürden beim Zugang zur Versorgung abgebaut. Im Zeitraum 2008 bis 2012 ging der Anteil der Menschen, die eine Versorgung benötigten, aus finanziellen Gründen jedoch nicht in Anspruch nahmen, von 29,2% auf 14,8% zurück. Die Reformen werden fortgesetzt und sollen insbesondere den Menschen der untersten Einkommensschichten in ländlichen Gebieten zugutekommen.
Verringerung des Salzkonsums in Montenegro
Montenegro hat für den Zeitraum 2014–2025 ein Programm aufgelegt, das die Aufnahme von Salz über die Nahrung auf weniger als 5 g pro Person und Tag senken soll, und zwar durch Aufklärung zum Thema, die Reduzierung des Salzgehalts in industriell verarbeiteten Lebensmitteln und die Harmonisierung nationaler Initiativen. Von Anfang an haben führende Vertreter der Ressorts Gesundheit und Landwirtschaft sowie des Privatsektors bereichsübergreifende Maßnahmen gefördert, um ein nachhaltiges Handeln und breite Unterstützung zu gewährleisten. Die Gesundheitsrisiken eines hohen Salzgehalts werden nun auch von anderen Ressorts berücksichtigt, etwa beim Abfassen von Etikettierungsvorschriften.
Verbesserung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung für marginalisierte Gruppen in Rumänien
Ein Pilotprojekt mit dem Ziel, gesundheitliche Probleme in Roma-Gemeinschaften auf lokaler Ebene durch die Einbindung von Gesundheitsmediatoren aus diesen Gemeinschaften zu bewältigen, ist zu einer gesamtstaatlichen und gesamtgesellschaftliche Initiative herangewachsen. Das Gesundheitsministerium hat diese gemeindenahen Dienste mittlerweile zusammengeführt und zwei neue medizinische Berufe institutionalisiert: Gemeindeschwestern und Gesundheitsmediatoren aus der Roma-Bevölkerung. Dabei arbeitete es mit anderen Ministerien, der Lokalverwaltung, der Zivilgesellschaft und Entwicklungspartnern sowie mit internationalen Organisationen wie der WHO und der Europäischen Kommission zusammen. Die Palette der angebotenen Dienste erstreckt sich nun über die Sicherung des Überlebens von Kindern hinaus auch auf ihr Wohlergehen und die Vermehrung des sozialen und wirtschaftlichen Kapitals des Landes.
Inklusive Bildung in Serbien
Eine der wesentlichen Determinanten lebenslanger Armut und schlechter Gesundheit in Serbien ist mangelnde Grundbildung. Viele Kinder, vor allem Kinder mit Behinderungen oder Roma-Kinder, besuchen keine Grundschule. Mit einem gemeinsamen Programm für den Zeitraum 2009 bis 2017 wollen die Regierung Serbiens und internationale Geber die Inklusion von Roma und anderen Randgruppen fördern. Dabei werden unter anderem folgende Dienste bereitgestellt: Unterstützung bei der frühkindlichen Entwicklung, Nachhilfeunterricht, Einbeziehung von Roma als Assistenzlehrer, Hausaufgabenbetreuung, Elternprogramme und Sprachunterricht. Sie gewährleisten, dass marginalisierte Kindern voll an der Vorschul- und Grundschulbildung teilhaben können. Diese Dienste wurden auf kommunaler und nationaler Ebene institutionalisiert, um ihre nachhaltige Finanzierung zu sichern und sie auf eine rechtliche Grundlage zu stellen und ihnen somit die Fortsetzung ihrer Arbeit zu ermöglichen.