Ansprache der Regionaldirektorin auf der Internationalen Konferenz anlässlich des 15. Jahrestages des staatlichen Gesundheitsprogramms Turkmenistans

21. Juli 2010, Kulturpalast, Aschgabat
 
Sehr geehrte Kollegen des öffentlichen Gesundheitswesens, verehrte Delegierte, sehr geehrte Damen und Herren,

es ist mir eine Ehre, anlässlich der Eröffnung dieser Konferenz hier in Aschgabat sein zu dürfen. Ich weiß, dass diese Veranstaltung für Turkmenistan große Bedeutung hat und einen Meilenstein darstellt. Sie rückt die wichtigsten gesundheitlichen Entwicklungen in den Fokus, präsentiert bisherige Erfolge und künftige Herausforderungen und dient der Realisierung der gesundheitspolitischen Agenda des Landes.

Dieses Jahr wird auf der Konferenz der 15. Jahrestag des staatlichen Gesundheitsprogramms Turkmenistans begangen. In den vergangenen 15 Jahren hat sich das Gesundheitsumfeld in Ihrem Land, in Zentralasien und in der Europäischen Region der WHO insgesamt dramatisch verändert.

Im Hinblick auf die Region möchte ich die größten Chancen und Herausforderungen darlegen, mit denen wir meiner Meinung nach im öffentlichen Gesundheitswesen konfrontiert sind, und einige davon möchte ich Ihnen besonders eingehend vor Augen führen.

  • Ich glaube, dass wir im vergangenen Jahrzehnt in eine spannende und anspruchsvolle Phase eingetreten sind, da uns zunehmend bewusst wird, dass wir für eine Verbesserung des öffentlichen Gesundheitswesens einen sektorübergreifenden Ansatz verfolgen müssen. Dies ist mit neuen Chancen verbunden, allerdings auch mit einer zunehmenden Komplexität unserer Arbeit.
  • Wir haben ein besseres Verständnis für die Bedeutung sozialer Gesundheitsdeterminanten entwickelt und diesen wird auf der Entwicklungsagenda ein immer höherer Stellenwert eingeräumt. Ein weiteres dringendes Anliegen ist die Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele.
  • Steigende Infektionsraten in Bezug auf übertragbare Krankheiten, insbesondere multiresistente Tuberkulose, HIV/Aids und durch Impfung vermeidbare Krankheiten, stellen eine ständige Bedrohung dar. Daher müssen die einzelnen Länder besonders wachsam sein und ihre Überwachungs- und Kontrollsysteme ausbauen.
  • Chronische Erkrankungen – Herzkrankheiten, Schlaganfall, Krebs, Diabetes, psychische Erkrankungen und sonstige Krankheiten – sind eine steigende Belastung für die Entwicklung und binden wesentliche Ressourcen des Gesundheitsbereichs.
  • In allen Ländern der Region zählen gesundheitliche Notlagen zu den dringendsten Problemstellungen, die die Entscheidungsträger des öffentlichen Gesundheitswesens zu lösen haben. Die Internationalen Gesundheitsvorschriften bieten ein hervorragendes Instrumentarium, mit dem sich die Gesundheitssicherheit verbessern lässt und das dazu beiträgt, die Bevölkerung vor akuten, potenziell grenzüberschreitenden Risiken für die öffentliche Gesundheit zu schützen. Ein gutes Beispiel für die Anwendung der Internationalen Gesundheitsvorschriften ist der jüngste Ausbruch von Poliomyelitis (Polio) in Zentralasien.

Lassen Sie uns die genannten Herausforderungen genauer untersuchen. Sämtliche Länder der Region – einschließlich Turkmenistan – sind von ihnen betroffen, und sie beeinflussen die Festlegung unserer künftigen Prioritäten.

In der Europäischen Region der WHO werden wir die Gesundheitsdeterminanten stärker in den Mittelpunkt unserer Arbeit stellen. Die Mitgliedstaaten haben mich speziell darum gebeten, die Gesundheitsdeterminanten stärker zu berücksichtigen, und kurz nach meiner Amtsübernahme habe ich damit begonnen, die Arbeitsweisen des WHO-Regionalbüros für Europa in diesem Bereich zu verbessern. Angesichts der Tatsache, dass der Termin für die Realisierung der Millenniums-Entwicklungsziele immer näher rückt, ist ein solches Vorgehen sinnvoll. Wir möchten unsere zentralen Programme stärker hervorheben, z. B. in den Bereichen HIV/Aids, Tuberkulose und multiresistente Tuberkulose, Malaria, Immunisierung, Gesundheit von Mutter und Kind, sichere Schwangerschaft und stärkere Gleichstellung.

Uns allen ist bewusst, dass die angestrebte Reduzierung von Ungleichbehandlung im Gesundheitsbereich nur über eine Steuerung der sozialen Gesundheitsdeterminanten erreicht werden kann. Die gesundheitliche Kluft in der Europäischen Region und die wachsenden gesundheitlichen Ungleichheiten sowohl in als auch zwischen den Mitgliedstaaten der Region in Verbindung mit dem demografischen und gesellschaftlichen Wandel Europas geben Anlass zu größter Sorge. Es gibt Unterschiede zwischen Ost und West, und fast überall herrscht ein Ungleichgewicht zwischen der einkommensschwachen Bevölkerung auf dem Land und in der Stadt und den Bewohnern der wohlhabenden Vorstädte.

Bei Angehörigen von Gruppen mit niedrigerem sozioökonomischem Status ist das Risiko, ernsthaft zu erkranken und vorzeitig zu sterben, mindestens doppelt so hoch wie bei Angehörigen von Gruppen mit höherem sozioökonomischem Status. Dort, wo es zu Verbesserungen der Gesundheitssituation kommt, ist der Nutzen innerhalb der Gesellschaft ungleich verteilt, da Angehörige von Gruppen mit höherem sozioökonomischem Status oft besser auf gesundheitspolitische Maßnahmen ansprechen und stärker von ihnen profitieren.

Die Sterblichkeit von Kindern unter fünf Jahren ist in dem Land mit der höchsten Rate 40-mal so hoch wie in dem Land mit der niedrigsten Rate. Ein in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten geborenes Kind hat ein dreifach höheres Risiko, vor Vollendung des fünften Lebensjahrs zu sterben, als ein in der Europäischen Union geborenes Kind. In Bezug auf die Sterblichkeitsrate von Kindern unter 5 Jahren wurde das Millenniums-Entwicklungsziel für Europa und Zentralasien auf 15 Todesfälle je 1 000 Lebendgeburten bis zum Jahr 2015 festgelegt. Wir müssen uns sehr anstrengen, damit wir dieses Ziel erreichen.

In zentralasiatischen Staaten beträgt die Sterblichkeitsrate von Müttern mindestens das Zweifache des Durchschnittswerts der Region.

In den östlichen Ländern der Europäischen Region der WHO gibt es einige der weltweit höchsten Raten mehrfach resistenter Tuberkulose (MDR-Tb). Darüber hinaus ist in diesen Ländern eine weitere alarmierende Entwicklung zu beobachten: das Auftreten der extensiv resistenten Tuberkulose (XDR-Tb). Da die Krankheit praktisch unbehandelbar ist, sind die Mortalitätsraten auf bis zu 98% angestiegen.

HIV/Aids ist weiterhin eine große Herausforderung für das öffentliche Gesundheitswesen der gesamten Region. Die neusten Daten zeigen unterschiedliche Ausgestaltungen der HIV/Aids-Epidemien und deuten darauf hin, dass Präventionsmaßnahmen je nach Land unterschiedlich ausgerichtet sein sollten. Dennoch sind alle Länder mit dem gleichen Problem konfrontiert: Viele der HIV-Betroffenen wissen nicht, dass sie infiziert sind. Der Abbau von Hindernissen für HIV-Tests und Beratungsangebote zählt zu unseren Top-Prioritäten. Wir hoffen, dass uns Turkmenistan bei dieser Aufgabe unterstützen wird.

In diesem Zusammenhang möchte ich ein wichtiges Thema anschneiden: Nachdem die Europäische Region der WHO 2002 als poliofrei zertifiziert wurde, ist nun erstmals wieder das Polio-Wildvirus in die Region eingeschleppt worden. Seit dem Frühling haben sich die Dinge rapide entwickelt.

  • Ihr Nachbarland Tadschikistan hat im April dieses Jahres eine starke Zunahme von Fällen akuter schlaffer Lähmung gemeldet. Am 23. April wurde das Polio-Wildvirus Typ 1 in Labortests bestätigt. Durch genetische Sequenzierung wurde nachgewiesen, dass das Poliovirus eng mit einem Virus aus Uttar Pradesh (Indien) verwandt war.
  • Die WHO hat umgehend angeboten, Tadschikistan und die angrenzenden Staaten bei der Ergreifung von Gegenmaßnahmen zu unterstützen. Wir haben Experten in die betroffenen Gebiete gesandt, damit diese untersuchen, wie es zu dem Ausbruch kommen konnte. Mit Hilfe internationaler Partner wurden Polioimpfstoffe für alle bedürftigen Länder bereitgestellt. Die WHO unterstützt und berät die Regierungen bei der Durchführung staatlicher Polioimpfkampagnen. Bislang hat Tadschikistan in vier Runden staatliche Immunisierungskampagnen unter Verwendung monovalenter Polioimpfstoffe durchgeführt. Die Kampagnen hatten eine sehr hohe Reichweite. Ähnliche Immunisierungskampagnen auf nationaler und subnationaler Ebene erfolgten in den angrenzenden Staaten, u.a. Turkmenistan.
  • Derzeit ist die Gefahr einer Einschleppung von Polioviren weiterhin hoch und gemeinsam mit den Regierungen setzen wir alles daran, die Verbreitung des Virus zu stoppen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass dieser Ausbruch erneut die Bedeutung zuverlässiger und routinemäßig durchgeführter Immunisierungen und systematischer Überwachungen unterstreicht. Außerdem wurde deutlich, dass die Internationalen Gesundheitsvorschriften rechtzeitig und rigoros angewandt werden müssen, da wir mit ihnen schnell und angemessen auf die Gefahr einer Ausbreitung des Poliovirus reagieren können.

Lassen Sie mich nun zu einem weiteren Themenkreis übergehen, der Gesundheitsdeterminanten betrifft, die von allgemeinerer Bedeutung sind. Wir müssen uns mit dem Anstieg der chronischen Erkrankungen befassen. Diese Krankheiten bilden mittlerweile in allen Ländern den größten Anteil der Krankheitsbelastung. Viele chronische Erkrankungen machen eine lebenslängliche Betreuung erforderlich, was eine weitere hohe Belastung des Gesundheitssektors bedeutet. Chronische Krankheiten erhöhen auch den Kostendruck für Familien, Gesundheitssektoren und Regierungen.

Dem Gesundheitssektor entstehen durch chronische Erkrankungen hohe Kosten. Dies lässt sich durch das vorhandene Evidenzmaterial bestens belegen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs sind für die Mehrzahl der tödlich verlaufenden Krankheiten in der Region verantwortlich: Mehr als die Hälfte aller Todesfälle ist auf diese beiden Krankheiten zurückzuführen. In Turkmenistan bildeten vor zehn Jahren Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Haupttodesursache, und 63% der Gesamtmortalität war auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen. Diese Entwicklung hält an.

Alle Gebiete und Länder Europas weisen mehr oder weniger die gleichen Hauptrisikofaktoren für chronische Erkrankungen auf. Gemessen in behinderungsbereinigten Lebensjahren (DALY) sind in Europa nahezu 60% der Krankheitslast auf sieben Hauptrisikofaktoren zurückzuführen: Bluthochdruck und Tabak (über 12%), Alkohol (10%), hoher Cholesterinspiegel (bis zu 9%), Übergewicht (8%), geringer Verzehr von Obst und Gemüse (über 4%) und Bewegungsmangel (über 3%). In Turkmenistan ist die Lage ähnlich. Den jüngsten Berichten zufolge ist der überwiegende Anteil der Krankheitslast turkmenischer Männer auf Alkohol- und Tabakkonsum zurückzuführen, während die Krankheitsbelastung turkmenischer Frauen vor allem durch Übergewicht und Bluthochdruck verursacht wird.

Diese Probleme sind jedoch nicht unüberwindbar.

Als Akteure des öffentlichen Gesundheitswesens sollten wir uns stärker dafür einsetzen, dass Initiativen für eine sichere Schwangerschaft, Strategien für ein integriertes Management von Kinderkrankheiten und Immunisierungsprogramme beschleunigt werden. Wir sollten uns intensiver darum bemühen, unser Ziel des allgemeinen Zugangs zu Behandlung, Prävention und Versorgung von HIV-Erkrankungen zu erreichen. Wir sollten uns energischer für eine Ausrottung von Malaria und eine Kontrolle von Tuberkulose und multiresistenter Tuberkulose engagieren. Wir haben beschlossen, ein spezielles Projekt zu multiresistenter Tuberkulose ins Leben zu rufen, und derzeit entwickeln wir einen regionalen Aktionsplan zur Bekämpfung von MDR- und XDR-Tb. Bei diesem Projekt werden die Länder Zentralasiens eine wichtige Rolle einnehmen. Wir sollten unsere Bemühungen für eine Eindämmung des Tabakkonsums intensivieren, unter anderem durch die vollumfängliche Umsetzung des Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakgebrauchs. Geboten ist auch eine schnellere Umsetzung von Initiativen in Bezug auf die Gesundheit von Frauen und Kindern, reproduktive Gesundheit, Gewalt und Verletzungen und zunehmende Beeinträchtigung der Entwicklung durch chronische Krankheiten.

Das WHO-Regionalbüro für Europa möchte den Aspekt der Prävention stärker hervorheben. Wir müssen effizienter arbeiten und zu diesem Zweck müssen wir – insbesondere in Zeiten der Finanzkrise – den Präventionsleistungen genauso viel Bedeutung wie der Heilbehandlung beimessen.

Unsere Bemühungen um eine bessere Prävention beruhen auf einer schlichten Erkenntnis: Prävention funktioniert. Das können wir belegen. Beispielsweise sind bei der Verringerung der Mortalität in Bezug auf koronare Herzkrankheiten die größten Erfolge offenbar auf eine Reduzierung der durchschnittlichen Cholesterinkonzentrationen, des Tabakkonsums und des Blutdrucks zurückzuführen. Schätzungen zufolge ließen sich 80% der Herzkrankheiten, Schlaganfälle und Erkrankungen an Diabetes Typ 2 sowie 40% der Krebserkrankungen verhindern, wenn die wichtigsten Risikofaktoren eliminiert würden. 

In vielen Fällen ist die Prävention an Entscheidungen und Maßnahmen gebunden, die von Sektoren getroffen werden, auf die der Gesundheitssektor keinen direkten Einfluss nehmen kann. Prävention ist mit steuer- und handelspolitischen Entscheidungen, staatlicher Regulierung von Preisen und Verpackungen, Werbeverboten, Rauchverboten an öffentlichen Plätzen etc. verbunden. Derartige Maßnahmen erfordern sektorübergreifende Lösungen. Daher brauchen wir einen echten Paradigmenwechsel in Bezug auf Krankheitsprävention, Gesundheitsförderung und sektorübergreifende Zusammenarbeit.

Bei meinen Besuchen und Unterredungen in den Mitgliedstaaten einschließlich Turkmenistan habe ich erfahren, wie wichtig Prävention ist. Viele Länder erhoffen sich in diesem Bereich die Unterstützung der WHO. Viele möchten die Prävention zur tragenden Säule ihrer öffentlichen Gesundheitssysteme machen. Wir helfen ihnen dabei und fördern gleichzeitig die Gesundheitssysteme.

Einige der Themen, die ich angesprochen habe, lassen sich im Gesundheitsumfeld Ihres Landes wiederfinden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass Ihnen die genannten Herausforderungen und Chancen auf nationaler Ebene gut vertraut sind. Und ich hoffe aufrichtig, dass Sie sie bei der Festlegung der gesundheitspolitischen Agenda für die Zukunft Ihres Landes berücksichtigen werden.

Was die zukünftige Entwicklung betrifft, so sind wir bereits dabei, unsere turkmenischen Kollegen bei der Entwicklung ihrer neuen staatlichen Gesundheitsstrategie zu unterstützen. Dabei handelt es sich um einen strategischen Plan, auf dessen Grundlage spezifische, ehrgeizige und dennoch realisierbare landesspezifische Gesundheitsziele erarbeitet werden.

Meine Reise nach Aschgabat dient unter anderem dem Ziel, der turkmenischen Regierung für die Entwicklung dieses wichtigen Instrumentariums die Unterstützung der WHO zuzusichern. Der politische Wille, den die turkmenische Regierung bei der Entwicklung der Gesundheitsstrategie an den Tag legt, stimmt mich sehr zuversichtlich. Es ist erfreulich, dass die turkmenischen Gesundheitsbehörden schon eine Vorgehensweise für die Ausarbeitung des erwähnten Dokuments entwickelt haben. Wir gehen davon aus, dass wir uns mit diesem Verfahren noch viel eingehender beschäftigen müssen und dabei unsere besten Fachleute zu Rate ziehen sollten. 

Die Entwicklung einer ehrgeizigen und dennoch praktikablen staatlichen Gesundheitsstrategie ist eine große Herausforderung. Um die festgelegten Ziele erreichen zu können, sollte zuverlässiges Evidenzmaterial zugrunde gelegt werden. Das richtige Evidenzmaterial ist von entscheidender Bedeutung. Wir brauchen Evidenzmaterial, das die Länder bei der Definition ihrer Prioritäten unterstützt und ihnen dabei hilft, Strategien auszuarbeiten, mit denen sich diese Prioritäten am besten realisieren lassen. Zusammen mit unseren Partnern in Turkmenistan werden wir diesem Bereich verstärkte Aufmerksamkeit widmen. Die WHO besitzt zahlreiche Instrumente, die in diesem Zusammenhang hilfreich sein können. Wir stellen sie Ihnen gern zur Verfügung. Zunächst sollte mit Hilfe dieser Instrumente eine solide grundlegende Analyse durchgeführt werden. In der Praxis wird bei der Entwicklung staatlicher Gesundheitsstrategien unter der Federführung der Regierung häufig ein Mechanismus zur Beteiligung zahlreicher Partner eingesetzt, damit alle Akteure die Möglichkeit erhalten, systematisch und regelmäßig an allen Stadien der Entwicklung des strategischen Plans mitzuwirken. Zu den Akteuren zählen normalerweise die staatliche Planungsbehörde und das Finanzministerium; außerdem Beteiligte, die nicht der Regierung angehören, Vertreter der Zivilgesellschaft und internationale Partnerorganisationen. Wir hoffen, dass diese Praxis auch in Turkmenistan angewandt werden kann.

Seit dem WHO-Beitritt Turkmenistans im Jahr 1992 haben wir eng mit der turkmenischen Regierung zusammengearbeitet, um ein breites Spektrum von Kooperationsprogrammen auszuarbeiten und umzusetzen. Unter anderem wurden Programme zur Prävention, Bekämpfung und Eliminierung von Krankheiten, zur Förderung gesunder Umweltbedingungen und Lebensweisen und zum Schutz der Gesundheit in der Familie durchgeführt.
 
Wir können einige erfreuliche Erfolge vermelden. Turkmenistan ist auf dem besten Weg, sich als malariafrei zertifizieren zu lassen. Die neusten Meldungen belegen eine gute Reichweite der DOTS-Strategie für Tb. Auch bei der Immunisierung meldete Turkmenistan eine sehr hohe Reichweite und es hat auf die drohende Einschleppung von Polioviren aus dem angrenzenden Tadschikistan reagiert. Es ist verboten, alkoholische Getränke und Tabakerzeugnisse in den Medien zu bewerben, und die Unterweisung über eine gesunde Lebensweise ist Teil des schulischen Lehrplans.

Darüber hinaus ist uns jedoch auch bewusst, mit welchen unmittelbaren Herausforderungen wir konfrontiert sind und in welchen Bereichen wir uns stärker engagieren müssen. Zwischen der WHO und der turkmenischen Regierung wurde ein bilaterales Abkommen geschlossen, das die nachstehenden Prioritäten unserer Zusammenarbeit im Zeitraum 2010–2011 festlegt:

  • Wir haben vereinbart, dass wir gemeinsam erarbeiten werden, wie sich das turkmenische Gesundheitssystem am wirksamsten verbessern lässt. Wir müssen uns stärker darum bemühen, dass das hiesige System mit den Anforderungen, die die Internationalen Gesundheitsvorschriften in Bezug auf nationale Systeme für Überwachung und Reaktion festlegen, in Einklang gebracht wird.
  • Außerdem versuchen wir, uns für die wirksame Umsetzung von Maßnahmen für die Gesundheit von Müttern, Neugeborenen und Kindern stark zu machen.
  • Wir werden uns zudem für eine verbesserte Überwachung und Kontrolle der wichtigsten übertragbaren Krankheiten einsetzen. Dies betrifft u. a. HIV/Aids, Tb und MDR-Tb, Malaria und Krankheiten, die durch Impfung vermieden werden können. Es ist sehr wichtig, dass die staatlichen Systeme zur Überwachung von HIV und die Gesundheitsinformationssysteme gestärkt werden, damit auf HIV/Aids angemessen reagiert werden kann.
  • Die Prävention und Reduzierung von Krankheiten, Behinderungen und vorzeitigen Todesfällen durch chronische oder durch ungesunde Lebensweisen hervorgerufene Erkrankungen, z. B. Krebs, Herzkrankheiten und Schlaganfall, sowie die Bekämpfung des Tabakkonsums und die Verhinderung von Gewalt und Verletzungen wird vermehrte Aufmerksamkeit erhalten.
  • Gemeinsam werden wir uns darum bemühen, Ressourcen zu mobilisieren, um Infrastruktur und Ausstattung zu modernisieren, eine angemessene Versorgung mit Medikamenten und sonstigem benötigtem Material zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die Beschäftigten des Gesundheitswesens über die erforderlichen Qualifikationen verfügen.
  • Da die Regierung der Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit eine hohe Priorität auf ihrer Agenda einräumt, möchten wir darauf hinweisen, dass auf allen Ebenen des öffentlichen Gesundheitswesens – unter Beteiligung aller betroffenen Akteure, einschließlich Patienten, HIV/Aids- und/oder Tb-Infizierten und sonstiger Personen – Verfahren zur Rechenschaftslegung entwickelt und ausgebaut werden müssen. Darüber hinaus möchten wir der turkmenischen Regierung dabei helfen, das staatliche System zur Überwachung des öffentlichen Gesundheitswesens zu stärken und angemessene, fachlich solide Indikatoren zu verwenden, die geschlechtsspezifischen Besonderheiten Rechnung tragen und sich an den Menschenrechten orientieren.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Bedeutung effizienter Partnerschaften hinweisen. Für die Realisierung unserer gemeinsamen Vorhaben benötigen wir zusätzliche Ressourcen und daher sind wir auf internationale Unterstützung angewiesen. Wir freuen uns, dass die WHO dazu beitragen kann, internationale Gesundheitspartner in die Programmfinanzierung einzubinden.

Mit Blick auf die Aufgaben, die wir gemeinsam bewältigen müssen, kann ich Ihnen versichern, dass die WHO für die künftigen Herausforderungen gut gerüstet ist. Wir müssen uns auf das Wesentliche konzentrieren: Synergien, Aktionen und Ergebnisse. Wir wissen, was zu tun ist. Und wir wissen, dass wir dabei mit vereinten Kräften vorgehen müssen, damit das öffentliche Gesundheitswesen bestmöglich gestärkt und unser gemeinsames Ziel, die Verbesserung des Gesundheitszustands unserer Populationen, erreicht werden kann.
 
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.