Video-Botschaft – Beseitigung der Gewalt gegen Frauen Ressortübergreifende Konzepte und Maßnahmen

Botschaft von Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa

Wien, 25.-26. November 2013

Sehr geehrte Damen und Herren Minister, sehr geehrte Delegierte und Partner, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Heute begehen wir den Internationalen Tag für die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen und geben aus diesem Anlass unserer tiefen Besorgnis über eine der frappierendsten Erscheinungsformen der Diskriminierung von Frauen und der Verletzung von Menschenrechten in Europa in unserer heutigen Zeit Ausdruck und bemühen uns um eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit in dieser Frage.

In den letzten Jahrzehnten hat Europa bei der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Achtung von Menschenrechten beträchtliche Fortschritte erzielt. Doch trotz dieser Erfolge ist Gewalt gegen Frauen nach wie vor ein schwerwiegendes Problem, das in jedem einzelnen Land unserer Region präsent ist.

Nach Schätzungen der WHO erlebt in den Ländern der Europäischen Region jede vierte Frau im Laufe ihres Lebens geschlechtsspezifische Gewalt.
Die gesundheitlichen Folgen für die betroffenen Frauen sind enorm. In den schlimmsten Fällen sterben die Frauen an den Folgen eines Übergriffs. Andere gesundheitliche Folgen sind Verletzungen, unerwünschte Schwangerschaft, unsichere Schwangerschaftsabbrüche und ein erhöhtes Risiko sexuell übertragener Infektionen. Frauen, die Gewalt erleben, tragen außerdem ein weit höheres Risiko, an Depressionen zu erkranken, Alkoholprobleme zu entwickeln oder an Suizid zu denken oder ihn zu verüben.

Neben den Folgen für die unmittelbar Betroffenen wirkt sich Gewalt gegen Frauen auch in erheblichem Maße auf deren Familien und Umfeld sowie die Gesellschaft insgesamt aus und ist mit signifikanten ökonomischen und sozialen Kosten für die Länder verbunden.

Dies muss sich ändern. Deshalb brauchen wir eine verstärkte Sensibilisierung der Öffentlichkeit für diese Problematik, eine stärkere bereichsübergreifende Zusammenarbeit, mehr aussagekräftige Daten für ein besseres Verständnis der Dimensionen und Pfade von Gewalt und eine entschlossene Reaktion der öffentlichen Gesundheitsdienste, deren Schwerpunkte auf Prävention und der Bereitstellung geeigneter Angebote für Gewaltopfer liegen. Dazu müssen wir alle Bereiche von Staat und Gesellschaft für ein gemeinsames Vorgehen und für abgestimmtes Handeln mobilisieren, das sich an dem neuen Rahmenkonzept der Europäischen Region für Gesundheit und Wohlbefinden, „Gesundheit 2020“, orientiert.

Die Einrichtungen des Gesundheitswesens spielen hier eine zentrale Rolle. Denn sie sind für die Gewaltopfer oftmals die erste institutionelle Anlaufstelle. Die WHO hat vor kurzem klinische und konzeptionelle Leitlinien für das Gesundheitswesen beim Umgang mit Gewalt gegen Frauen veröffentlicht. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im Laufe der Konferenz.

Vor allem aber müssen wir entschlossen gesellschaftliche und kulturelle Normen in Frage stellen, die Gewalt gegen Frauen hinnehmen. Gewalt gegen Frauen darf in keiner Gesellschaft geduldet werden. Eine Veränderung der Situation erfordert entschlossene Anstrengungen zur Förderung von Gleichheit zwischen den Geschlechtern, die Infragestellung geschlechtsspezifischer Vorurteile und eine engagierte Arbeit mit Frauen und Mädchen – nicht nur als Opfern von Gewalt, sondern auch als befähigten Akteurinnen des Wandels.

Für diese Konferenz hat sich das WHO-Regionalbüro für Europa mit dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen und der Stadt Wien zusammengetan. Ich danke der Stadt Wien herzlich für die Ausrichtung dieser wichtigen Tagung und bin beeindruckt von der politischen Unterstützung und Präsenz der österreichischen Regierung. Die Europäische Kommission gehört zu den engsten Partnern der WHO bei der Inangriffnahme gemeinsamer Herausforderungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit in den 53 Mitgliedstaaten der WHO in der Europäischen Region.

Für die Europäische Region liegt der einzige gangbare Weg im Kampf zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen in einer gezielten Zusammenarbeit. Deshalb bin ich sehr erfreut darüber, dass die Konferenz Vertreter verschiedener staatlicher Ressorts und Ebenen, Repräsentanten von Partnerorganisationen aus dem System der Vereinten Nationen sowie von anderen internationalen Organisationen, aber auch Experten aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft an einen Tisch bringt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen eine erfolgreiche Konferenz.