Erklärung – WHO-Regionaldirektor für Europa erstattet im Vorfeld der virtuellen Tagung des Regionalkomitees Bericht über die Arbeit des Regionalbüros
Erklärung von Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, an den 27. Ständigen Ausschuss des Regionalkomitees für Europa.
8. September 2020
Sehr geehrte Mitglieder des Ständigen Ausschusses,
Ich danken Ihnen für Ihre anhaltende Unterstützung und Zusammenarbeit in dieser beispiellosen Zeit.
Angesichts des engen Zeitplans am heutigen Tag und unserer Fokussierung auf das Regionalkomitee in der nächsten Woche möchte ich Ihnen nur einen kurzen Überblick über die verschiedenen, mit den zentralen Säulen des GPW 13 verbundenen Aktivitäten geben, die seit unserer letzten regulären SCRC-Tagung am 15. Mai stattgefunden haben.
Gesundheitliche Notlagen
Wir kämpfen weiterhin mit der größten gesundheitlichen Notlage unserer Zeit. Dadurch waren und sind wir gezwungen, schnell umzudenken und unsere Arbeitsweise von der politischen Ebene bis runter zur Dienstleistungsebene umzugestalten.
Im August organisierten wir gemeinsam mit dem italienischen Gesundheitsminister, Roberto Speranza, eine Tagung über den Schulbetrieb vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie. Dadurch wurde unser Engagement, den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die sichere Wiedereröffnung von Schulen im Rahmen der wirtschaftlichen Öffnung behilflich zu sein, weiter vorangetrieben. Wir wollen sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche während dieser Pandemie nicht zurückgelassen werden, und waren in der Lage, einige konkrete Vorgehensweisen aufzuzeigen.
Auf der Makroebene haben wir ferner unsere Arbeit mit den Mitgliedstaaten und dem Büro der Vereinten Nationen für die Verringerung des Katastrophenrisikos (UNDRR) zur Bereitschaftsplanung und Bewältigung von Notlagen über die COVID-19-Pandemie hinaus fortgesetzt.
Unser anhaltendes Engagement für den Kapazitätsaufbau bei Beamten des Gesundheitswesens führte zur Durchführung von 46 diesem Thema gewidmeten Webinaren für die Bereiche klinisches Management, Infektionsprävention und -bekämpfung sowie Laborwesen durch das Team des WHE beim Regionalbüro. Insgesamt wurden 51 Nothilfemissionen und 130 Lieferungen von Hilfsgütern (im Wert von 40 Mio. US-$) in allen Teilen der Region durchgeführt.
Während meiner ersten Mission seit dem Beginn der Pandemie habe ich eine finanzielle Vereinbarung mit der türkischen Regierung für die Einrichtung eines neuen Europäischen Zentrums der WHO zur Bereitschaftsplanung für humanitäre und gesundheitliche Notlagen unterzeichnet. Dieses Zentrum wird als entscheidende Ressource für die Institutionalisierung von Evidenz und vorbildlichen Praktiken und die Erleichterung der angewandten Forschung zur Verbesserung der Reaktion auf gesundheitliche Notlagen und des Katastrophenmanagements dienen.
Die Arbeit im Rahmen des Programms für gesundheitliche Notlagen umfasste zudem die Einführung des mehrsprachigen interaktiven Chatbots HealthBuddy zusammen mit UNICEF. Hierüber werden für alle Bürger der Region wichtige Informationen bereitgestellt.
Allgemeine Gesundheitsversorgung
Das Hauptaugenmerk unserer Arbeit liegt weiterhin auf unserer Verpflichtung zur Verwirklichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung in der gesamten Region. In dieser Hinsicht haben wir bereits weitreichende Anstrengungen unternommen.
Im Zuge des Umdenkens und der Umgestaltung unserer Arbeitsweise vor dem Hintergrund der Pandemie haben wir eine neue Strategie für unser ausgelagertes Fachzentrum in Almaty ausgearbeitet, in die auch unser Verständnis der primären Gesundheitsversorgung in Zeiten von COVID-19 mit einfloss.
Von zentraler Bedeutung für unsere Bemühungen um eine Stärkung der staatlichen Politik und der entsprechenden Planung zur Gewährleistung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung war die Einrichtung der Paneuropäischen Kommission für Gesundheit und nachhaltige Entwicklung unter Vorsitz von Prof. Mario Monti, dem Präsidenten der Bocconi-Universität.
Diese soll Empfehlungen zu Investitionen und Reformen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Gemeinschaften aussprechen und uns so bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung unterstützen. Durch die in der Kommission vertretene Vielfalt an Fachdisziplinen soll sie ein Umdenken in der staatlichen Politik herbeiführen, damit das Thema Gesundheit gemäß dem Konzept eines einheitlichen Gesundheitsansatzes in den Mittelpunkt gerückt wird. Bislang konnte die Kommission angesichts der Bemühungen um die Bekämpfung digitaler Armut und der grundlegenden Verknüpfung zwischen der Gesundheits- und der Sozialversorgung digitale Umfelder als zentralen Schwerpunktbereich identifizieren.
Wir untersuchen auch weiterhin, wie wir den chancengleichen Zugang zu bezahlbaren Impfstoffen, Diagnostika und Therapien verbessern können. Hierunter fallen sowohl die fortgesetzte Zusammenarbeit mit Ihnen als auch die Planungen für die diesbezügliche Tagung in Oslo im März 2021 im Hinblick auf ein wirksameres Vorgehen.
Abschließend haben wir gemeinsam mit dem Verband der Ausbildungsstätten für das öffentliche Gesundheitswesen in der Europäischen Region (ASPHER) einen Kompetenzrahmen für das Personal im öffentlichen Gesundheitswesen entwickelt.
Gesundheit und Wohlbefinden
Vor dem Hintergrund unseres Bekenntnisses zur Schaffung gesundheitsförderlicher Umfelder, zum Abbau von Risikofaktoren und zu einem Ansetzen an den Determinanten von Gesundheit in unserer Region haben wir mehrere Maßnahmen ergriffen.
Das kürzlich gestartete Bündnis für psychische Gesundheit zielt darauf ab, Politik und Praxis im Bereich psychische Gesundheit in allen Teilen der Region zu verbessern. Es bringt eine breit aufgestellte Koalition von auf diesem Gebiet tätigen Führungskräften, Vorkämpfern, Nutzern und anderen Partnern zusammen.
Im Rahmen der Themenbezogenen Koalition der Vereinten Nationen für die Gleichstellung der Geschlechter wurde ein gemeinschaftliches Webinar mit den Vereinten Nationen durchgeführt, um den Austausch über Erkenntnisse und Herausforderungen bei der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt als Teil der Reaktion auf COVID-19 auf Länderebene zu ermöglichen.
Es wurde ein unabhängiger Beirat für Tuberkulose aus nationalen Programmleitern und zentralen Partnern (etwa Vertreter betroffener Gruppen) eingerichtet, um über die während der Pandemie zu berücksichtigenden Überlegungen im Hinblick auf Tuberkulose und HIV zu beraten.
Im Schwerpunktbereich Impfungen umfassten die ergriffenen Maßnahmen die Koordinierung einer regionsweiten Arbeitsgruppe zu COVID-19-Impfstoffen und deren Verteilung, die innerhalb des regionalen Rahmens für die Gewährleistung eines chancengleichen Zugangs zu und der chancengleichen Verteilung von einem oder mehreren Impfstoffen gegen COVID-19 eingerichtet worden war.
Darüber hinaus unterstützen wir weiterhin die Gesundheitsministerien bei der Wiederaufnahme von Impfprogrammen und bei Maßnahmen zur Nachimpfung, die durch die Pandemie unterbrochen wurden. Wir stehen weiterhin fest zu unserem Bekenntnis, die Region poliofrei zu halten, und auch die Eliminierung von Masern und Röteln nimmt weiterhin einen hohen Stellenwert auf unserer Tagesordnung ein.
Und abschließend: die Umwandlung von WHO/Europa in eine zwecktaugliche Organisation
Unser Engagement für eine optimale Nutzung der verfügbaren Ressourcen zur Gewährleistung einer besseren finanziellen Nachhaltigkeit in der Zukunft und zur Schließung chronischer Finanzierungslücken hat die Umgestaltung in unserer Region geprägt.
Das fachliche Aufgabenspektrum von WHO/Europa wird in drei Abteilungen gestrafft, die sich an drei zentralen Prioritäten orientieren: einer allgemeinen Gesundheitsversorgung, Gesundheitssicherheit und der Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden. Sie sollen vom Büro des Regionaldirektors und der Abteilung Geschäftsabläufe unterstützt werden.
Die strukturelle Ausrichtung der Aktivitäten des Regionalbüros in Kopenhagen ist im Gange, in enger Abstimmung mit den Mitarbeitern des Regionalbüros und der Personalvereinigung.
Auch eine eingehende funktionelle Überprüfung ist im Gange (und soll im Laufe des kommenden Monats abgeschlossen werden). Dabei werden die Funktionen jedes einzelnen Referats und jeder einzelnen Position in den neuen Abteilungen festgelegt.
Wir werden die Geschäftsabläufe durch neue Plattformen für die Digitalisierung straffen und bleiben weiterhin dem Ziel verpflichtet, neue Modalitäten für flexible Arbeitsweisen in den Teams zu maximieren.
Seit der letzten Tagung des SCRC im Mai habe ich neue bilaterale Vereinbarungen mit der Republik Moldau, Lettland, Tschechien und der Kirgisischen Republik unterzeichnet.
Unsere Aktivitäten zur Mobilisierung von Finanzmitteln führten u. a. zu einer verstärkten Finanzierung und Kooperation vonseiten der Europäischen Kommission, insbesondere durch eine Zuwendung der Generaldirektion Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen. Zudem sind wir der Bundesrepublik Deutschland zu Dank verpflichtet für die von ihr bereitgestellten flexiblen Mittel, und erst letzte Woche verkündete Dänemark, seine zentralen freiwilligen Beiträge verdoppeln zu wollen.
Unsere Medienwirkung konnten wir durch Beiträge zum Thema Gesundheit in der Region im Rahmen regelmäßiger live übertragener Pressekonferenzen und durch Interviews mit führenden, für die Region bedeutenden Medienkanälen kontinuierlich ausweiten. Hierzu zählten etwa AFP, Al Jazeera, CNN, Euronews, Corriere della Sera, Bloomberg, Khabar 24, Russia 24, La Repubblica und Sky News.
Auch unsere starke Zusammenarbeit mit der EU setzen wir fort, etwa in Form einer Einladung von mir und dem Generaldirektor zur Abhaltung eines Meinungsaustauschs mit dem Europäischen Parlament im Juni oder der Teilnahme an einer von der deutschen Ratspräsidentschaft im Juli einberufenen informellen Sitzung der EU-Gesundheitsminister.
Und zu guter Letzt hat das EPW ein eingehendes und umfassendes Konsultationsverfahren (mit Mitgliedstaaten, nichtstaatlichen Akteuren, den Vereinten Nationen, anderen Partnerorganisationen, WHO-Mitarbeitern und der allgemeinen Öffentlichkeit) durchlaufen. Diese breit angelegten Konsultationen haben zu erheblichen Verbesserungen in verschiedenen Entwürfen des Dokuments geführt. Das endgültige Dokument wird dem Regionalkomitee in der nächsten Woche zur Annahme vorgelegt.
Trotz dieser ungewissen Zeiten und der wachsenden Herausforderungen bleibe ich hinsichtlich der positiven Wirkung des EPW in der Region weiterhin optimistisch. Heute mehr denn je stehen wir fest zu unserem Bekenntnis, niemanden zurückzulassen, und angesichts dessen bin ich für Ihre Unterstützung und für das unerschütterliche Engagement unserer Teams in allen Teilen der Region, die Erwartungen unserer Bürger zu erfüllen, dankbar.