Informationen für Landwirte, Tierärzte sowie Veterinär- und Lebensmittelsicherheitsbehörden

Weltgesundheitstag 2011


Faktenblatt, 7. April 2011

Aufgrund der zunehmenden Anwendung von Antibiotika wird die Behandlung von Infektionen immer schwerer. Bakterien bilden Resistenzen gegenüber Antibiotika, die sich ausbreiten. Heute sind wir immer öfter nicht in der Lage, Infektionen zu behandeln. Allein in der Europäischen Union sowie Island und Norwegen sterben jährlich über 25 000 Menschen an durch antibiotikaresistente Bakterien verursachten Infektionen.

Antibiotikaresistenz hat heute auch Auswirkungen auf die Lebensmittelsicherheit. Antibiotika werden bei Zuchttieren oft unsachgemäß angewandt, also nicht nur zur Behandlung, sondern auch zur Wachstumsförderung und zur Krankheitsprävention. In manchen Ländern kommen sie bei Tieren offenbar mehr zur Anwendung als in der Humanmedizin. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Bevölkerungsgesundheit, da Resistenzen über die Nahrungskette von Tieren an den Menschen übertragen werden können.

Was Sie tun können

Landwirte, Tierärzte und Veterinär- oder Lebensmittelsicherheitsbehörden spielen hier eine wichtige Rolle. Sie können dazu beitragen, die Kraft der Antibiotika am Anfang der Nahrungskette zu erhalten. Der Gebrauch von Antibiotika sollte mit Umsicht erfolgen, also nur dann, wenn er unbedingt erforderlich und aus therapeutischen Gründen angezeigt ist.

Empfehlungen für Landwirte und andere Erzeuger von Zuchttieren


  • Benutzen Sie keine Antibiotika zur Wachstumsförderung. In der Europäischen Union ist diese Praxis seit 2006 verboten.
  • Verabreichen Sie Antibiotika an Zuchttiere nur nach Verschreibung durch einen Tierarzt und achten Sie auf die richtige Dosierung und Behandlungsdauer.
  • Reduzieren Sie den Bedarf an Antibiotika in der Viehzucht durch Verbesserung der Tiergesundheit, durch gute Hygiene und Bewirtschaftung und durch wirksame Maßnahmen zur Infektionsbekämpfung (einschließlich des Einsatzes von Impfstoffen).
  • Informieren Sie sich über den neuesten Stand der Leitlinien für eine umsichtige Verwendung von Antibiotika, um ihren Gebrauch bzw. Missbrauch in der Viehzucht zu reduzieren.

Empfehlungen für Tierärzte


  • Verschreiben Sie Antibiotika, die als unverzichtbar für die Humanmedizin eingestuft werden, grundsätzlich nicht an Tiere, sofern es keinen besonderen Grund dafür gibt.
  • Unterstützen Sie Landwirte und Viehzüchter bei der Umsetzung von Leitlinien für die umsichtige Verwendung von Antibiotika.

Empfehlungen an Veterinär- und Lebensmittelsicherheitsbehörden


  • Sorgen Sie dafür, dass die Verwendung von Antibiotika zur Wachstumsförderung eingestellt wird.
  • Schreiben Sie vor, dass Antibiotika in der Viehzucht künftig nur noch bei Verschreibung durch den Tierarzt erhältlich sind.
  • Beteiligen Sie sich an der Entwicklung und Umsetzung sektorübergreifender nationaler Strategien gegen Antibiotikaresistenz, bei denen auch der Aspekt der Lebensmittelsicherheit berücksichtigt wird, sowie an der Förderung einer umsichtigen Verwendung von Antibiotika in allen Sektoren.
  • Sorgen Sie für die nötige Zusammenarbeit und Kommunikation mit den Gesundheitsbehörden beim Umgang mit dem Thema Antibiotikaresistenz.
  • Beseitigen Sie ökonomische Anreize, die eine unsachgemäße Verschreibung von Antibiotika begünstigen.
  • Bauen Sie ein Surveillance-System für den Einsatz von Antibiotika in der Viehzucht auf.
  • Schaffen Sie ein integriertes System für die Surveillance der Antibiotikaresistenz bei ausgewählten durch Lebensmittel übertragenen Bakterien. Die Surveillance sollte auch auf Lebensmittelbakterien (z. B. Salmonella spp.) von Tieren, Nahrungsmitteln und Menschen abzielen. So können Daten darüber gewonnen werden, wie die Resistenz sich durch die Nahrungskette ausbreitet und wie die Verwendung von Antibiotika bei Tieren sich auf die menschliche Gesundheit auswirkt.
  • Entwickeln Sie nationale Leitlinien für die Reduzierung von Anwendung und Missbrauch von Antibiotika in der Viehzucht und bieten Sie Landwirten und Viehzüchtern Schulungen an, um deren Umsetzung sicherzustellen.

Antibiotikaresistenz – Eine Frage der Lebensmittelsicherheit

Aufgrund des Einsatzes von Antibiotika können Lebensmittel antibiotikaresistente Bakterien und Resistenzgene enthalten. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung, da resistente Bakterien, die lebensmittelbedingte Erkrankungen auslösen, sowie Resistenzgene über die Nahrungskette auf den Menschen übertragen werden können. Resistenzen in Bakterien vom Typ Salmonella und Campylobacter spp. stehen in eindeutigem Zusammenhang mit dem Einsatz von Antibiotika in der Viehzucht, und durch Lebensmittel übertragene Erkrankungen beim Menschen infolge solcher resistenten Bakterien sind gut dokumentiert.

Anlass zu besonderer Sorge geben Resistenzen gegen Antibiotika, die unverzichtbar für die Humanmedizin sind. So lag beispielsweise 2007 in der Europäischen Union der Anteil der in Brathähnchen gefundenen Bakterien vom Typ Salmonella spp., die eine Resistenz gegenüber Ciprofloxacin, einem der wichtigsten Antibiotika, aufwiesen, bei 29%. Darüber hinaus können Landwirte in vielen Ländern ohne Verschreibung Antibiotika erhalten. Antibiotika sind in der Europäischen Union und in einigen anderen Ländern als Wachstumsförderer verboten, allerdings nicht überall in der Europäischen Region der WHO. Schließlich erhöhen Reiseverkehr und Globalisierung des Handels weiter die Gefahr einer Ausbreitung antibiotikaresistenter Bakterien, da diese durch Menschen, Tiere und Nahrungsmittelprodukte übertragen werden.

Definitionen: Antibiotika und Antibiotikaresistenz

Antibiotika sind eine Untergruppe antimikrobieller Wirkstoffe, die ausschließlich gegen Bakterien wirken. Sie können entweder natürlich von Bakterien oder Schimmelpilzen gewonnen oder synthetisch hergestellt werden. Im wissenschaftlichen Sinne werden unter „Antibiotika“ nur natürlich gewonnene antimikrobielle Wirkstoffe verstanden, doch in diesem Text wird der Begriff als Bezeichnung für alle Arzneimittel oder Wirkstoffe gegen bakterielle Infektionen verwendet.

Die Entstehung von Antibiotikaresistenz ist ein natürliches biologisches Phänomen, das beim Gebrauch von Antibiotika auftritt. Antibiotikaresistenzen entstehen aus der Fähigkeit von Bakterien heraus, einen Angriff von Antibiotika abzuwehren. Diese kann sich entweder durch Mutation oder durch den Erwerb von Resistenzgenen von anderen, bereits resistenten Bakterien herausbilden.

Die wichtigsten Antriebskräfte für die Entstehung solcher Resistenzen sind der Gebrauch von Antibiotika, insbesondere ihr übermäßiger Einsatz, aber auch ihr unsachgemäßer oder unzureichender Gebrauch, sowie die Übertragung und Ausbreitung von bereits resistenten Bakterienstämmen oder von Genen, die Träger von Resistenzinformationen sind.

Für weitere Auskünfte über Antibiotikaresistenz wenden Sie sich bitte an:

Dr. Bernardus Ganter
Leitender Berater, Antimikrobielle Resistenz,
Abteilung Übertragbare Krankheiten, Gesundheitssicherheit und Umwelt
WHO-Regionalbüro für Europa
Scherfigsvej 8
DK-2100 Kopenhagen Ø
Dänemark
Tel.: +45 39 17 14 23
E-Mail: bga@euro.who.int

Dr. Hilde Kruse
Programmleiterin, Lebensmittelsicherheit
Europäisches Zentrum der WHO für Umwelt und Gesundheit, Rom
WHO-Regionalbüro für Europa
Tel.: +39 064877525
E-Mail: hik@ecr.euro.who.int

Wenn Sie weitere Auskünfte oder ein Interview wünschen, wenden Sie sich bitte an:

Viv Taylor Gee
Regionalbeauftragter, Öffentlichkeitsarbeit
WHO-Regionalbüro für Europa
Scherfigsvej 8
DK-2100 Kopenhagen Ø
Dänemark
Tel.: + 45 39 17 12 31
E-Mail: vge@euro.who.int