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Weltgesundheitstag 2011


Faktenblatt, 7. April 2011

Antibiotika sind Arzneimittel, die bei der Behandlung bzw. Prävention der unterschiedlichsten bakteriellen Infektionen eine äußerst wichtige Rolle spielen. Doch je mehr Antibiotika zum Einsatz kommen, desto höher die Gefahr, dass die Bakterien dabei Resistenzen bilden. Dies ist ein natürlicher Vorgang, der überall vorkommt, vor allem aber dort, wo Antibiotika übermäßig oder unsachgemäß eingesetzt werden. Der Gebrauch von Antibiotika sollte mit Umsicht erfolgen, also nur dann, wenn er aus therapeutischen Gründen angezeigt ist.

Wussten Sie schon?


  • Einer der Gründe für die übermäßige Verwendung von Antibiotika liegt in ihrer Anwendung zur Behandlung von Grippeerkrankungen und Erkältungen. Für Grippe, Erkältungen und einen Großteil der Fälle von Halsweh und Bronchitis sind nicht Bakterien, sondern Viren verantwortlich. Deshalb bringen Antibiotika hier keine Heilung, sondern richten allenfalls noch mehr Schaden an, da sie die Gefahr einer späteren antibiotikaresistenten Infektion erhöhen. Außerdem können antibiotikaresistente Bakterien andere Menschen infizieren und sich später auf andere Orte oder Länder ausbreiten.
  • Antibiotikaresistenzen breiten sich aus. Resistente Bakterien können zwischen Menschen, zwischen Tieren sowie zwischen Menschen, Tieren und der Umwelt übertragen werden.
  • Für die Behandlung von Infektionen mit resistenten Bakterien sind teurere Arzneimittel, längere Zeiträume und oft auch längere Krankenhausaufenthalte erforderlich. So können Arzneimittel für die Behandlung der multiresistenten Tuberkulose wesentlich teurer als die sonst gängigen Antituberkulotika sein.
  • Antibiotika werden auch zur Prävention bakterieller Infektionen angewandt, allerdings nur aus konkreten Gründen, etwa während oder kurz nach bestimmten operativen Eingriffen und Diagnosetests, bei denen kleine Sonden in den Körper eingeführt werden. Eine solche Anwendung hat normalerweise nur eine Wirkung von 24 Stunden.
  • Antibiotika werden auch in der Nahrungskette eingesetzt, insbesondere zur Wachstumsförderung in der Viehzucht. Eine solche Anwendung ist in manchen Ländern erlaubt, in der Europäischen Union jedoch verboten. In manchen Ländern werden Antibiotika bei Tieren mehr als beim Menschen eingesetzt. Auch hier kommt es zur Bildung von Resistenzen – und damit zur Verschärfung des Problems: denn resistente Bakterien breiten sich von der Nahrungskette auf den Menschen aus – auch auf Krankenhäuser.
  • Leider werden in nächster Zeit keine neuen Antibiotika zur Verfügung stehen, da Erforschung und Entwicklung von Arzneimitteln mit sehr hohen Investitionen verbunden sind, die nur dann erfolgen, wenn die erwarteten Erträge von den Pharmaunternehmen als zufriedenstellend eingestuft werden.

Mögliche Folgen

Wenn der übermäßige Einsatz bzw. der Missbrauch von Antibiotika nicht unterbunden wird, sind diese möglicherweise irgendwann nicht mehr wirksam, wenn sie benötigt werden. Stellen Sie sich vor, Ihr Arzt erklärt Ihnen, es gebe keine Behandlung für Ihr Kind oder Ihren Freund, da ihre bakterielle Infektion nicht mehr mit Antibiotika behandelt werden könne. Schon heute sterben in den Ländern der Europäischen Union sowie Island und Norwegen jährlich 25 000 Menschen an Infektionen mit Bakterien, die nicht auf Antibiotika ansprechen; meist erfolgt die Infektion im Krankenhaus. Der Gesellschaft droht eine Rückkehr zu Verhältnissen, wie sie vor Entdeckung der Antibiotika herrschten, als eine einfache Infektion ein Todesurteil bedeuten konnte.

Nach ihrer Entstehung breiten sich resistente Bakterien rapide aus. Heute sind manche Bakterien gegenüber einer Vielzahl von Wirkstoffen resistent; dadurch werden lebensbedrohliche Infektionen wie Blutvergiftungen oder Lungenentzündung in manchen Fällen unbehandelbar. Darüber hinaus könnte der Verlust einer wirksamen Prävention mit Antibiotika eine Reihe komplizierter medizinischer Interventionen und Diagnosetests unmöglich machen, etwa Arthroskopien, Hüftprothesen und Darmoperationen, da Antibiotika keinen Schutz mehr gegen etwaige bakterielle Infektionen bieten würden.

Antibiotikaresistenz ist ein dringendes Anliegen für alle. Um den weiteren Vormarsch von Resistenzen zu stoppen, sind alle aufgerufen, Antibiotika nur bei Notwendigkeit und Verschreibung durch einen Arzt zu verwenden.

Viele Länder in der Europäischen Region der WHO führen Sensibilisierungskampagnen zur Reduzierung des Antibiotikagebrauchs durch, die bereits Wirkung zeigen. Jeder kann zur Bewältigung dieses Problems beitragen.

Was Sie tun können


  • Kaufen Sie nie Antibiotika ohne ärztliche Verschreibung.
  • Verlangen Sie vom Arzt nicht bei jeder Infektion ein Antibiotikum. Viele Atemwegsinfektionen wie Erkältungen und Grippe werden von Viren verursacht. Antibiotika können nur bakterielle Infektionen heilen. Wenn sie also nicht zur Heilung Ihrer Krankheit beitragen, brauchen Sie sie nicht; möglicherweise machen sie Sie sogar anfälliger für künftige Infektionen.
  • Wenn Ihnen Antibiotika verschrieben werden, halten Sie sich genau an die Anweisungen des Arztes oder Apothekers. Führen Sie die verschriebene Behandlung auch dann bis zum Ende durch, wenn Sie sich bereits besser fühlen. Anderenfalls kann die Infektion erneut auftreten.
  • Nehmen Sie kein Medikament ein, das einer anderen Person oder aufgrund einer anderen Diagnose verschrieben wurde.
  • Schützen Sie sich vor Infektionen. Waschen Sie Ihre Hände regelmäßig und fordern Sie auch Ihre Familie und Ihre Kollegen dazu auf.
  • Eine andere wichtige Maßnahme ist die Vorbeugung gegen bestimmte bakterielle Infektionen durch Impfung. Landwirte sollten ihren Tieren nur bei Verschreibung Antibiotika verabreichen, nicht aber zur Wachstumsförderung, da sich dadurch bakterielle Resistenzen bilden können.

Auf einen Blick


  • Antibiotika sind nicht immer notwendig.
  • Ihr übermäßiger oder unsachgemäßer Gebrauch kann zur Entstehung von Antibiotikaresistenzen führen.
  • Diese sind für eine erhöhte Zahl von Erkrankungen sowie für unnötige Todesfälle verantwortlich.
  • Durch Antibiotikaresistenz droht der Gesellschaft eine Rückkehr zu Verhältnissen, wie sie vor Entdeckung der Antibiotika herrschten, als gewöhnliche Infektionen leicht tödlich enden konnten.
  • Wer heute nicht handelt, kann morgen nicht mehr heilen!

Definitionen: Antibiotika und Antibiotikaresistenz

Antibiotika sind eine Untergruppe antimikrobieller Wirkstoffe, die ausschließlich gegen Bakterien wirken. Sie können entweder natürlich von Bakterien oder Schimmelpilzen gewonnen oder synthetisch hergestellt werden. Im wissenschaftlichen Sinne werden unter „Antibiotika“ nur natürlich gewonnene antimikrobielle Wirkstoffe verstanden, doch in diesem Text wird der Begriff als Bezeichnung für alle Arzneimittel oder Wirkstoffe gegen bakterielle Infektionen verwendet.

Die Entstehung von Antibiotikaresistenz ist ein natürliches biologisches Phänomen, das beim Gebrauch von Antibiotika auftritt. Antibiotikaresistenzen entstehen aus der Fähigkeit von Bakterien heraus, einen Angriff von Antibiotika abzuwehren. Diese kann sich entweder durch Mutation oder durch den Erwerb von Resistenzgenen von anderen, bereits resistenten Bakterien herausbilden.

Die wichtigsten Antriebskräfte für die Entstehung solcher Resistenzen sind der Gebrauch von Antibiotika, insbesondere ihr übermäßiger Einsatz, aber auch ihr unsachgemäßer oder unzureichender Gebrauch, sowie die Übertragung und Ausbreitung von bereits resistenten Bakterienstämmen oder von Genen, die Träger von Resistenzinformationen sind.

Für weitere Auskünfte über Antibiotikaresistenz wenden Sie sich bitte an:

Dr. Bernardus Ganter
Leitender Berater, Antimikrobielle Resistenz,
Abteilung Übertragbare Krankheiten, Gesundheitssicherheit und Umwelt
WHO-Regionalbüro für Europa
Scherfigsvej 8
DK-2100 Kopenhagen Ø
Dänemark
Tel.: +45 39 17 14 23
E-Mail: bga@euro.who.int

Wenn Sie weitere Auskünfte oder ein Interview wünschen, wenden Sie sich bitte an:

Viv Taylor Gee
Regionalbeauftragter, Öffentlichkeitsarbeit
WHO-Regionalbüro für Europa
Scherfigsvej 8
DK-2100 Kopenhagen Ø
Dänemark
Tel.: + 45 39 17 12 31
E-Mail: vge@euro.who.int