Wir wollen, dass unsere Patienten im Krankenhaus sicher sind
Ein Interview mit Susana Maria Filipe Gonçalves
Botschafterin für Infektionsbekämpfung
„Meine Arbeit im Bereich Infektionsbekämpfung war eine logische Konsequenz meiner Arbeit als Krankenschwester auf der Onkologie-Station. Ich wurde ein Mitglied des Teams für Infektionsbekämpfung in unserem Krankenhaus, und diese Tätigkeit entwickelte sich irgendwann zu einer Vollzeitbeschäftigung. Diese neue Aufgabe veränderte meinen Arbeitsalltag von Grund auf. Inzwischen arbeite ich – zusammen mit anderen Pflegekräften sowie mit Ärzten und Mikrobiologen – hauptsächlich daran, Leitlinien für gute Praxis bei der Infektionsbekämpfung umzusetzen. So habe ich beschlossen, meine Arbeit als Krankenschwester der Infektionsbekämpfung zu widmen.“
„Ich sehe meine Rolle gewissermaßen als die einer Botschafterin für Infektionsbekämpfung. Jeden Tag gehe ich auf die meisten Stationen im Krankenhaus, spreche mit meinen Kollegen und informiere sie über die vom Team für Infektionsbekämpfung entwickelten Leitlinien. Zusammen erarbeiten wir dann Strategien für ihre Umsetzung.“
Infektionsbekämpfung sollte in jeder Abteilung eines Krankenhauses ein zentrales Thema sein
„Gleichzeitig wache ich auch darüber, wie die Umsetzung unserer Leitlinien für die Infektionsbekämpfung voranschreitet. Es ist wichtig, bei den Kollegen nachzufragen, ob sie bei der Umsetzung wirksamer Maßnahmen zur Infektionsbekämpfung auf Hindernisse stoßen. Gibt es Schwierigkeiten bei der Interpretation der Leitlinien? Wenn ja, welche? Und was können wir dafür tun, dass sie besser verstanden und umgesetzt werden? Natürlich berate ich die einzelnen Stationen in Bezug auf Infektionsbekämpfungsmaßnahmen und bin bei deren Verbesserung konkret behilflich.“
Susanas tägliche Aufgabe: Dafür sorgen, dass die Leitlinien nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch in der Praxis umgesetzt werden
„Unser Team hat Leitlinien für gute Praxis im Bereich Infektionsbekämpfung entwickelt, die auf nationalen und internationalen Infektionsschutzplänen (z. B. den Leitlinien der WHO und der United States Centers for Disease Control and Prevention) basieren. Diese Leitlinien haben wir an die Anforderungen in unserem Krankenhaus angepasst. Die Entwicklung dieser maßgeschneiderten Leitlinien war wirklich wichtig dafür, dass unsere Empfehlungen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch tatsächlich umgesetzt werden.“
„Gute Praxis beginnt mit einer generellen Einhaltung der Handhygiene und dem verantwortungsbewussten Umgang mit Schutzkleidung, beinhaltet aber auch Abfallentsorgung und zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen. Es ist mir sehr wichtig, dass meine Kollegen wissen, warum sie Schutzkleidung tragen sollen. Es sollte nicht nur aus Gewohnheit geschehen, oder weil es da irgendwo eine Vorschrift gibt. Es sollte vielmehr eine bewusste Maßnahme zur Verbesserung der Sicherheit von Gesundheitspersonal und Patienten sein. In den Leitlinien zur Abfallentsorgung sollte geregelt sein, wie kontaminierte Materialien zu entsorgen sind. So benutzen wir beispielsweise verschiedene Tüten für verschiedene Arten von Abfällen. Wir haben auch Leitlinien für Isolierungsvorschriften entwickelt, die manchen Stationen bei Entdeckung eines multiresistenten Organismus zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen erlauben, um eine Übertragung der Infektion zu verhindern.“
Effektive Surveillance als Grundlage für die tägliche Arbeit
„Ein anderer wichtiger Bereich meiner Arbeit ist die epidemiologische Überwachung. Das Labor gibt mir Rückmeldung, wenn sie einen multiresistenten Organismus entdeckt haben. Dann prüfe ich die Informationen und arbeite für die betroffene Station Empfehlungen aus. Zusammen mit meinen Kollegen arbeite ich zusätzliche Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung der multiresistenten Bakterien aus. Außerdem muss ich versuchen festzustellen, ob der multiresistente Mikroorganismus im Krankenhaus erworben wurde oder nicht.“
Wir bewegen uns immer noch sehr langsam
„Wir sind ein sehr junges Team. Deshalb ist unsere Position gegenüber den anderen Kollegen nicht besonders stark. Wir müssen uns auf allen Stationen schrittweise voranarbeiten, und die Kollegen müssen erst noch lernen, warum unsere Arbeit so wichtig ist. Gleichzeitig wissen wir, wie wichtig das Team für Infektionsbekämpfung für die Sicherheit der Patienten und eine gute Versorgung im Krankenhaus ist. Denn zum ersten Mal haben wir in unserem Krankenhaus ein tragbares Werkzeug entwickelt und verbreitet, das es den Ärzten ermöglicht, Resistenzmuster unserer Mikroorganismen zu analysieren. Es ist von großem Nutzen und erhöht die Genauigkeit bei der Verschreibung von Antibiotika.“
„Ich kann einfach die Tabelle hernehmen, in unsere Abteilungen gehen und sie über die Prävalenz resistenter Erreger in unserem Krankenhaus informieren. Die Tabelle kann ihnen dabei helfen, die richtigen Antibiotika zu verschreiben.“
„Aber dieses Projekt steckt noch in den Kinderschuhen. Manchmal ist es wirklich schwer, den Kollegen den Ernst der Situation klar zu machen. Zu oft bekomme ich gesagt, es sei doch nicht so schlimm und wir hätten doch keinen Grund zur Panik. Andererseits ist das neue Werkzeug eine gute Argumentationshilfe, wenn Patienten mit einem hohen Maß an Antibiotikaresistenz eine besondere Behandlung, etwa durch Isolierung, benötigen. Wir wollen, dass unsere Patienten in unserem Krankenhaus sicher sind.“
„Antibiotikaresistenz ist ohne jeden Zweifel ein sehr wichtiges Thema in der Gesundheitsversorgung und meiner Meinung nach auch für die Kultur der Patientensicherheit. Wenn wir Antibiotika nicht optimal einsetzen, werden sich mit der Zeit so viele Resistenzen bilden, dass wir unsere Patienten nicht mehr wirksam behandeln können. Infektionen können nur durch einen richtigen und verantwortungsbewussten Umgang mit Antibiotika wirksam bekämpft werden. Deshalb bin ich überzeugt, dass das medizinische Personal über epidemiologische Surveillance-Berichte Bescheid wissen sollte, da sie eine optimale Praxis ermöglichen.“
Susana Maria Filipe Gonçalves
Susana Maria Filipe Gonçalves arbeitet seit elf Jahren in Portugal als Krankenschwester. Sie hat in der Chirurgie, in der Hämodialyse und in der Onkologie gearbeitet. Seit knapp zwei Jahren ist sie nun als Krankenschwester in der Infektionsbekämpfung tätig. Gegenwärtig macht Susana einen Abschluss in medizinisch-chirurgischer Pflege mit einer Spezialisierung in Infektionsbekämpfung am Institut für Pflegewesen in Coimbra. Nach Abschluss des zweijährigen Studiengangs möchte sie ein Master-Diplom im Fach Infektionsschutz erwerben.